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Es war ein Sonntag, als ich meine alten Laufschuhe herauskramte – oder das, was ich damals für Laufschuhe hielt – und einfach mal loslief. Ich schnaufte schwer, schaffte es kaum bis zum nahegelegenen Fluss (das sind immerhin satte 500 Meter!) und wechselte ziemlich schnell und mit hochrotem Kopf in den Geh-Modus. Ich war schockiert! Wo war meine Fitness geblieben? Früher konnte ich aus dem Stand heraus immer eine Stunde am Stück laufen, doch nun schien meine komplette Kondition dahin. X-mal versuchte ich an diesem Tag, in einen lockeren Trab zu fallen, doch immer wieder musste ich nach kürzester Zeit kapitulieren und völlig außer Atem ein Stück gehen. Das konnte doch wohl nicht wahr sein! Nach 30 Minuten gab ich auf und schlich völlig deprimiert nach Hause.

Nach dem ersten Schock hatte die Aktion jedoch eines geweckt: meinen Ehrgeiz. Es konnte doch wohl nicht wahr sein, dass ich innerhalb so kurzer Zeit meine komplette körperliche Fitness verloren hatte!? Das war ein riesiges Desaster! Ich war damals Ende 20 und hatte die Kondition einer Couchpotato. Das musste sich ändern - und am besten sofort! Doch ganz so einfach ging es dann doch nicht, und es war ein hartes Stück Arbeit, mich mit Laufen und Gehen im Wechsel wieder auf Trab zu bringen. Schritt für Schritt steigerte ich mich, und nach ein paar Wochen schaffte ich es immerhin, wieder eine Stunde am Stück durchzulaufen. Wenn auch sehr, sehr langsam. Aber das war mir egal. Die 60-Minuten-Hürde war geschafft, und das machte mich sehr stolz. Doch was jetzt? Nach ein paar weiteren Monaten spürte ich, dass ich ein neues Ziel brauchte, um mich weiterhin zu motivieren. Und so fragte ich mich, ob es denn nicht möglich sei, einfach mal 90 Minuten am Stück zu laufen? Als ich dies bewältigt hatte, war ich glückselig. Doch irgendwann wollte ich den nächsten Schritt wagen und wissen, wie es wohl wäre, die 2-Stunden-Marke zu knacken. Dabei ging es mir nicht darum, eine gewisse Strecke zurückzulegen, sondern einfach nur, 2 Stunden im Laufschritt auf den Beinen zu sein. Das war eine ziemlich große Sache. Aufgeregt lief ich früh am Morgen los und wählte ein sehr, sehr gemächliches Tempo. Doch es lief nicht wie erwartet. Mehrmals zweifelte ich an der Sinnhaftigkeit der Unternehmung. Kein Mensch musste 2 Stunden laufen können, kam mir in den Sinn. Eine Stunde reicht doch vollkommen aus, bereits das war doch schließlich mehr, als der Durchschnittsdeutsche schaffte… Ich könnte jetzt einfach umkehren, heimlaufen, und niemand musste je von meinem „Scheitern“ erfahren… Und ich hätte es damals wirklich als ein Scheitern empfunden. Zuhause könnte ich schön auf der bequemen Couch sitzen und meinen Kaffee genießen… Ganz in Ruhe. Und vor allem auch die Beine hochlegen! Meine Gedanken gingen kreuz und quer, und ich weiß nicht warum, aber irgendwie hielt ich an diesem Morgen durch. Ich wollte mir einfach nur beweisen, dass ich es konnte. Und tatsächlich: Zu meiner eigenen Verwunderung schaffte ich es, die kompletten 120 Minuten durchzuhalten. Mann, war ich da stolz auf mich! Dabei war es weniger eine körperliche als eine mentale Herausforderung. Zudem hatte ich etwas bewältigt, was Monate zuvor noch unvorstellbar erschien. Ich war nicht schnell, aber ich hatte mein persönliches Ziel erreicht – und dabei immerhin 14 Kilometer zurückgelegt. Noch im Freudentaumel kam der Gedanke auf: Du kannst alles schaffen, wenn du es nur wirklich willst – und hart dafür arbeitest! Mit anderen Worten: Ich hatte plötzlich das Gefühl, die ganze Welt stehe mir offen.

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