Читать книгу Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee: Die Reise der Kreuzerkorvette Ariadne in den Jahren 1877-1881 (Bartholomäus von Werner) (Literarische Gedanken Edition) онлайн
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Es ist zwecklos, auf die Fahrt dieses Tages näher einzugehen, da jede neue Schilderung doch nur eine Wiederholung sein würde; aber ein uns an diesem Tage in der Collingwood-Straße und dem Sarmiento-Kanal noch gebotener Blick auf diese große Natur verdient doch besondere Beachtung. Das Bild war das schönste unserer ganzen bisherigen Reise und von so großartig wilder Schönheit, wie sie schwerlich in irgendeinem Theil unsers Erdballs wiedergefunden wird. Obwol meiner Schwäche bewußt, will ich dennoch versuchen, eine oberflächliche Skizze dieses erhabenen Naturbildes zu entwerfen.
Vor uns und zu unserer Rechten liegen die Sarmiento-Cordilleren, zwei regelmäßig hintereinander gereihte Gebirgsketten von etwa 25 Seemeilen Länge und 1000-1500 m Höhe. Die uns zugekehrte vordere Kette steigt direct aus dem Wasser auf, die zweite liegt so weit verschoben hinter der ersten, daß man einen ziemlich weiten Blick in das von den beiden Bergzügen gebildete Thal erhält. Die vielen Gipfel dieser mächtigen malerischen Bergreihen streben in schönen und edeln Formen zu dem reinen Blau des Himmelsgewölbes empor und sind mit ewigem, tadellos weißen Schnee bedeckt, welcher nach unten hin unmerklich sich verändernd allmählich Gestalt und Farbe eines Gletschers annimmt, sich auf den Thalseiten bis zur Thalsohle hinabsenkt und dort ein ebenso unwegsames Eisfeld bildet, als die mit Wasser angefüllten Thäler der tieferliegenden Bergketten dem Menschen nutzbare Wasserstraßen bieten. Zu unserer Linken liegen niedrigere, steile und nackte Felswände, und vor denselben dicht bewaldete Inselgruppen mit saftigen, frischgrünen Bäumen, zwischen denen farbenreiche Blumen hervorlugen. Dieses von der warmen Sonne mit einem eigenen Reiz übergossene Bild erhält seinen würdigen Abschluß durch den Mount Burney, welcher, seine Umgebung weit überragend, sich in unserm Rücken aus der von ihm beherrschten Ebene, die mit Ausnahme der uns zugekehrten Seite jetzt vollständig von hohen schneebedeckten Gebirgszügen umrahmt ist, gigantisch emporhebt und in seiner majestätischen Größe das um ihn liegende gezackte, mit unendlich vielen kleinen Pics gekrönte Berggewirre verspottet. Dieser ausgezeichnete Berg, welcher nur ein riesengroßer Kegel ist, aber durch seine einfachen edeln Linien alles Plumpe von sich weist und voll Grazie nach dem unendlichen Weltall zeigt, muß auf dieser Erde einzig in seiner Art sein und kann wol als ein würdiges Denkmal der urkräftigen Allgewalt der Weltenschöpfung angesehen werden. Der in Japan auf der Insel Nipon liegende und als heilig verehrte Berg Fusijama, welcher wegen seiner reinen Formen einen hohen ihm auch gebührenden Ruf genießt, kann sich in Bezug aus großartige Schönheit mit diesem Mount Burney nicht messen und muß nach meinem Geschmack, trotz seiner doppelten Höhe, vor seinem hiesigen Rivalen zurücktreten.