Читать книгу Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee: Die Reise der Kreuzerkorvette Ariadne in den Jahren 1877-1881 (Bartholomäus von Werner) (Literarische Gedanken Edition) онлайн
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Stiller Ocean, 24. Januar.
Gestern morgens 5 Uhr verließen wir Connor-Cove wieder und ankerten nach drei Stunden im Inselhafen, um dort noch etwas Holz zu fällen und unsern Wasservorrath zu ergänzen. Heute nachmittags 3 Uhr war das Schiff nach Beendigung der Arbeiten wieder seeklar, verließ den letzten Hafen in der Magelhaens-Straße und steuerte abends 6 Uhr in den Stillen Ocean ein. Die große Wasserfläche vor mir berührt mich fremdartig, es ist mir als gewänne ich nach langer Einschließung die Freiheit wieder. Vor uns und zu beiden Seiten freies Wasser, keine Aufregung, keine besondere Anstrengung mehr, und hinter uns verschwindet in der hereinbrechenden Nacht allmählich das mächtige Felsenthor, aus welchem wir vor wenig Stunden wieder in das freie Leben eintraten.
Ein steifer Südwind treibt uns unter Segel mit 12 Seemeilen Geschwindigkeit in der Stunde unserm nächsten Ziele entgegen; aber weder diese schöne Fahrt, noch die auf ihren riesigen Schwingen hinter uns herschwebenden Albatrosse haben mich an den Schreibtisch geführt, sondern ein eigenthümlicher Wahn, welchem ich Ausdruck geben muß. Die Fahrt durch die Magelhaens-Straße hat die fixe Idee in mir hinterlassen, daß wir uns nunmehr schon auf dem Heimwege befinden. Die acht Tage, welche ich in jenen Straßen zubrachte, fassen eine solche Fülle von Anstrengung und Aufregung in sich, haben den für Erinnerung bestimmten Theil des Gehirns mit so viel großartigen Naturschönheiten und interessanten kleinen Zufällen angefüllt, daß es sorgsam vertheilt für ein ganzes Jahr ausreichen würde. So nahe die Zeit noch liegt, so fern ist sie mir schon gerückt; sie erscheint mir wie ein langes Ringen, nach welchem die Ruhe folgen muß. Ich habe 11000 Seemeilen oder nahezu 3000 deutsche Meilen jetzt schon zurückgelegt, der Weg durch den Stillen Ocean über Australien, Indien, Suezkanal, durch das Mittelmeer, weist nur noch 18000 Seemeilen auf, auf meiner eigentlichen Station werde ich höchstens sechs Monate sein: so macht das vor mir Liegende auch fast nur den Eindruck einer ununterbrochenen Reise nach der Heimat zu.