Главная » Vor dem Mast – ein Nautiker erzählt vom Beginn seiner Seefahrt 1951-56. Band 41 in der maritimen gelben Buchreihe bei Jürgen Ruszkowski читать онлайн | страница 18

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Wir vaterlosen Jungen strolchten also wieder einmal in Bandenstärke am Hafen entlang. Wenn ich Bande sage, dann möchte ich darauf hinweisen, dass es noch mehrere solcher Kinderbanden gab, also uns bekannte Konkurrenz. Wenn wir aufeinander trafen, dann gab es meistens Zoff. Wir gingen uns jedoch so gut wie möglich aus dem Weg. Die bereits erwähnte Meierhofkinderbande war gefürchtet unter uns Kindern. Die Meierhofer waren meistens Fischlöscher oder Fischverarbeiter, ein ziemlich raues Volk. Keiner von uns ging freiwillig durch die Meierhofsiedlung, obwohl der Weg die kürzeste Verbindung von der Gorch-Fock-Straße nach Brockeswalde zum Friedhof war. Wenn sie uns zu fassen bekamen, dann gab es Prügel, blutige Nasen waren das Wenigste. Eine Abordnung diese Meierhofbande, eine Art Spähtrupp, lief uns am Hafen in der Nähe der Drehbrücke über den Weg. Das heißt, sie kamen uns entgegen gepaddelt. Sie hatten gerade mit Erfolg von einem Minensuch- oder Vorpostenboot, welche damals 1946 unter dem Kürzel „GMSA“ (German Mine Sweeping Association oder auch von der Bevölkerung ironischer Weise „Geh Mit Such Adolf“ genannt) und unter deutscher Marinebesatzung fuhr, ein großes Schlauchboot „organisiert“. Wir lauerten der Meierhofer-Gang auf, hauten ihnen den Arsch voll, wobei ich natürlich auch wieder eine blutige Nase abbekam und trieben sie in die Flucht. Bei dieser Aktion war auch mein jüngerer Bruder Peter, gerade mal sechs Jahre alt, anwesend, der mir zum Aufpassen anvertraut war. Gott sei Dank hatte meine Mutter von diesen Abenteuern wie immer keine Ahnung. Also, die unterlegenen Meierhofer-Kids eilten davon, wir zogen das Marineschlauchboot neben der damaligen Drehbrücke am alten Hafen aus dem Hafenbecken, für elf- bis zwölfjährige eine Meisterleistung, und schleiften es über die Straße und über den Winterdeich bis ins offene Wasser der Grimmershörn-Bucht, wo wir sofort wieder einsteigen mussten. Die Meierhofer-Kids hatten Verstärkung geholt und wollten uns das Schlauchboot wieder abjagen. Wie gesagt, wir waren sechs Halunken, Wolfgang und Hansi Westphal, Manfred Frenser, Klaus Perschke, Klaus Balcke, Rolf Schulz und mein sechsjähriger Bruder Peter, dem nichts anderes übrig blieb, als alles mit auszubaden, was sein älterer Bruder mit den anderen ausheckte. Ich konnte ja meinen kleinen Bruder nicht alleinlassen, da ich auf ihn aufpassen musste. Wir paddelten wie die Verrückten, denn die seewärts fließende Ebbe drohte uns ins Fahrwasser zu ziehen. Wir schafften es und steuerten in Richtung Musikpavillon unterhalb der Küstenbatterie auf den Sommerdeich auf der Höhe der Garnisonkirche zu. Aber die Bande aus dem Meierhof verfolgte uns am Ufer entlang, bewaffnet mit Knüppeln. Tja, und jetzt wurde es uns zum Schluss mulmig, denn wir hatten keine Verstärkung. Wir näherten uns dem Ufer, Manfred Frenser fluchte: „Sollen wir unser gekapertes Schlauchboot einfach wehrlos aufgeben?“ Da hatte Wolfgang Westphal eine grandiose Idee: Als wir noch zirka 30 Meter vom Ufer entfernt waren, nahm er ein großes Pfadfindermesser und haute die Klinge in jede der hinteren Luftzellen, so dass die Luft heraus pfiff und das Schlauchboot hinten langsam absackte. Das Dilemma war nur, dass mein jüngerer Bruder Peter im hinteren Teil saß, und plötzlich guckte nur noch sein Kopf aus dem Wasser, er selbst sagte keinen Piep, und schwimmen konnte er auch nicht. Aber er klammerte sich tapfer an den Greifleinen fest. Wie die Verrückten paddelten wir mit dem vorderen Teil des Schlauchboots jetzt auf den Sommerdeich zu und hielten uns am Seetang der Steine fest. Peter wurde nach vorn gezogen, er war natürlich klitschnass. Aber klitschnass waren wir alle. Die Meierhofer waren stinksauer, schimpften nach Art der Fischlöscher, aber mit dem kaputten Schlauchboot konnten sie auch nichts mehr anfangen. Sie überließen uns wütend das zerstörte Schlauchboot. Wir zogen es auf das Deichvorland und schleiften es später, den Strichweg überquerend, an der Garnisonkirche vorbei durch die Tsingtau-Straße am Sportplatz entlang nach Hause zu unserem Wohnblock auf die Spielwiese. Wir konnten es zwar nicht mehr reparieren, aber einer unserer Väter zerschnitt es später und stellte aus dem Material Gummisohlen her, die er unter durchgelaufene Kinderschuhsohlen klebte.

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