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Читать книгу Blutige Maiglöckchen zum Hochzeitstag. Nili Masal ermittelt (6) - Roman онлайн

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Ziemlich unverständlich fand ich nicht zuletzt jenen Paragraphen 223 des StGB, der jemandem, der einem anderen – und sei es noch so berechtigt – eine aufs Maul haut, bis zu fünf Jahre Gefängnis oder eine saftige Geldstrafe androht. Dort, von wo ich gerade hergekommen war, gab es zwar ebenfalls bindende gesellschaftliche Anstandsregeln, sie waren allerdings nicht allgegenwärtig von den Wänden und Türen abzulesen oder in etwaigen Gesetzbüchern festgeschrieben; die Eltern lebten sie meistens ihren Kindern vor und man hielt sich einfach daran. Darüber hinaus aber herrschten ganz andere Sitten und Gebräuche; so hatte zum Beispiel jeder ehrbare Macho (was genau übersetzt im eigentlichen Wortsinn nichts anderes als ›männliches Wesen‹ bedeutet und mitnichten mit Machismo-Gebaren gleichzustellen ist!) stets selbige männliche Würde unter Beweis zu stellen: Wurde man selbst oder ein Nahestehender beleidigt, über die Maßen belästigt, genötigt oder gar angegriffen, wehrte man sich so kräftig, wie man nur konnte. Es fand ein überwiegend fairer Boxkampf statt, der zumeist nach den traditionellen Queensberry Rules ausgefochten wurde. Deswegen herrschte allgemein das eiserne Verhaltensgesetz, dass man sehr wohl mit den Fäusten deftig auf den Kontrahenten einprügeln durfte, solange er sich noch wacker auf den Beinen hielt. Sobald er aber gefallen war, wartete man ›gentlemanlike‹, bis er wieder aufstand oder die Aufgabe signalisierte. Keiner von beiden musste allerdings befürchten, deswegen vor den Kadi zitiert oder gar bestraft zu werden. Aber auch: Keineswegs würde – wie heute leider immer wieder zu beklagen ist – ein am Boden Liegender hemmungslos mit Füßen getreten. So etwas galt als infam, perfide und widerwärtig, eines Mannes absolut unwürdig. Eine solche Gewalt, von der uns tagtäglich anschaulich berichtet und die von geltungssüchtigen Individuen in den sogenannten ›Sozialen Medien‹ im Netz verbreitet wird – wie wir sie auch in beklagender Weise wiederholt in Fernsehproduktionen vorgeführt bekommen –, zeugt von einer schlimmen mentalen Gefühlsdegradation, die in unserer Gesellschaft grassiert.

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