Читать книгу Geschwisterliebe. Der 31. Kappe-Fall. Kriminalroman (Es geschah in Berlin 1970) онлайн
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Otto Kappe musste nichts in Kreuzberg erledigen. Er hatte dies nur vorgegeben, um ungestört zu sein. Nach dem Gespräch mit Kriminalrat Friedhelm Keunitz war er in den neuen VW Käfer gestiegen, den sich seine Frau Gertrud und er Anfang des Jahres geleistet hatten. Inzwischen war er fünf Stundenkilometer schneller unterwegs, als die Polizei erlaubte. Warum er geradewegs zum Kreuzberg fuhr, wusste er selbst nicht. Er stellte das Auto in der Methfesselstraße ab. Zügig ging er an den vor zwei Jahren angelegten Weinstöcken vorbei. Normalerweise schmunzelte er über derartige Ambitionen. Einige Enthusiasten glaubten ernsthaft, dass Berlin auch als Weinstadt einen Ruf zu verteidigen hatte. Tatsächlich hatten Bauern vom 15. bis zum 18. Jahrhundert auf der ursprünglich Götzescher Weinberg genannten Erhebung Weinbau betrieben. Einen Namen für den Rebensaft, der hier künftig wieder hergestellt werden sollte, gab es auch schon: Kreuz Neroberger.
Kappe ließ sich auf einer Bank unterhalb des gusseisernen Nationaldenkmals für die Siege in den Befreiungskriegen nieder und erinnerte sich an einen Sonntag im September des vergangenen Jahres. Es war ein wunderbarer Tag gewesen, der letzte für eine lange Zeit. Gertrud und er hatten auf der Terrasse des Blockhauses Nikolskoe gesessen, mit Heißhunger riesige Wiener Schnitzel verspeist und die freie Zeit genossen. Von dort bot sich ein wunderschöner Ausblick auf die untere Havel und die Pfaueninsel. Andächtig hatten beide dem Glockenspiel der Kirche St. Peter und Paul gelauscht, die nur einen Steinwurf entfernt lag. Damals hatte er nicht geahnt, dass nur Stunden später kaum einen Kilometer entfernt eine Frauenleiche im Wald gefunden werden würde.