Читать книгу Die heimliche Geliebte. Ein Wilhelm-Busch-Krimi онлайн
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Schwer zu sagen, was Wang Li fand. Er hatte den Kopf ein wenig auf die Seite gelegt und blinzelte.
»Wenn Sie’s nicht für die Linde tun, dann vielleicht für Ihren Wagen«, versuchte Leo es weiter. »Dem bekommt das sicher auch nicht gut. Würden Sie Ihrem Neffen das wohl ausrichten?«
|29|Irgendwo hinter Wang Li in der Küche glaubte sie einen dunklen Schatten wahrzunehmen.
»Das wäre sehr nett!«, sagte sie etwas lauter.
Wang Li lächelte, nickte und schwieg.
»Vielen Dank. Und einen schönen Tag noch.« Leo fühlte sich, als sei sie unter vollen Segeln auf Grund gelaufen. Ziemlich lächerlich.
Trotzdem malte sie ein provisorisches Schild (An alle Autos: Bitte Abstand halten!) und schnürte es der Linde um den Stamm.
Bäume waren die Zuflucht ihrer Kindheit gewesen. Immer, wenn sich die Situation unerträglich zugespitzt hatte, war sie fortgerannt und wie ein Eichhörnchen auf einen Baum geklettert, der möglichst groß und möglichst weit weg von zu Hause war. Ungezählte Stunden hatte sie hoch oben im Geäst zwischen Vogelnestern und Blattlandschaften verbracht und im grünen Licht gebadet, bis alle Ängste und Zweifel wieder auf ein erträgliches Maß geschrumpft waren. Leo duldete es nicht, wenn Bäume litten. Sie fahndete in ihren Umzugskartons noch nach der Dose mit dem Baumharz, wurde fündig und spachtelte eine dichte Schicht auf die Wunde. Aufmunternd strich sie der Linde über die Borke. Wenn sie von nun an in Ruhe gelassen wurde, konnte sie sich wieder erholen.