Читать книгу Mitternachtsnotar. Berlin-Krimi онлайн
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»Ich rufe dich nicht freiwillig an«, sagt eine Mädchenstimme.
Wanja, meine anadoptierte Schwester. Sie ist vierzehn, meine Mutter hat sie aus einem rumänischen Kinderheim gerettet. Da war sie fünf Jahre alt. Wanja ist unsere Familienprinzessin, und sie ist so angenehm wie eine Stielwarzenvereisung. Also sag ich erst mal nichts. Ich setz mich auf. Mein Gehirn schwankt wie ein Leichtmatrose.
»Willst du uns eigentlich komplett blamieren?«
Ich bin siebzehn Jahre älter als Wanja, aber sie ist immer sehr streng mit mir.
»Denkst du auch mal an uns? Familienehre und so?«
»Das machst du doch schon.« Ich komm langsam in Schwung. »Arbeitsteilung.«
»Arbeit?« Wanja kriegt sich nicht mehr ein. »Seit du letztes Jahr Weihnachten deinen Stewardessjob gekündigt hast, weißt du doch gar nicht mehr, was das ist, du Nacktschnecke!«
Ich drück die Eierlikörflasche noch ein bisschen fester an mich. Escortmodel, da denkt man immer: Wenig Aufwand, viel Geld. Jedenfalls haben sich meiner Mutter und ihrem zweiten Mann, der für eine wertkonservative Partei im Deutschen Bundestag sitzt, vor Peinlichkeit je ein hübsches Gehänge Hämorrhoiden ausgestülpt. Sicher rutschen sie deshalb immer so seltsam auf den Stühlen herum, wenn ich ihnen in die Augen seh.