Главная » Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee: Die Reise der Kreuzerkorvette Ariadne in den Jahren 1877-1881 (Bartholomäus von Werner) (Literarische Gedanken Edition) читать онлайн | страница 88

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Es wird behauptet, daß an der rapiden Abnahme der Bevölkerung der Marquesas-Inseln die folgenden Ursachen Schuld tragen:

1. Die Sitte der Vielmännerei bei den Frauen. Dieselbe ist nicht in der Weise vorhanden, wie nach Berichten angenommen werden muß. Die Leute leben vielmehr in unserer Ehe ähnlichen Verhältnissen, d. h. ein Mann und eine Frau leben in der Regel zusammen und sorgen für ihre oder für fremde Kinder. Die Ehe wird indeß nicht auf Lebenszeit geschlossen, sondern kann jederzeit dadurch gelöst werden, daß entweder der Mann seine Frau wegschickt oder die Frau ihren Mann verläßt. Beide Theile sind in dieser Beziehung frei und ganz gleichberechtigt. Die Frau kann sich weder der Ausweisung widersetzen, noch kann der Mann seine weggegangene Frau zurückfordern oder mit Gewalt zurückholen. Eheliche Treue ist keine Tugend, weil das Verhältniß jederzeit gelöst werden kann, wenn der eine Theil dies wünscht. Die Kinder scheinen, sobald sie ein gewisses Alter erreicht haben, Gemeingut zu sein, jedenfalls werden sie von jedermann gut behandelt und beschützt. Die Leute eines Dorfes oder Thales bilden somit gewissermaßen eine große Familie, in welcher die einzelnen Glieder gewohnheitsmäßig paarweise zusammenleben, solange Neigung sie zusammenhält. Vielmännerei kommt zwar insofern vor, als die nicht verheiratheten Männer zeitweise mit der Frau eines Andern und zwar mit dessen Einwilligung für eine bestimmt verabredete Zeit zusammenleben, aber nur dann, wenn keine Mädchen vorhanden sind, welche mit diesen Junggesellen die Probe machen, wie es im Ehestande hergeht. Ob diese Freiheit der Sitten nun wirklich von nachtheiligem Einfluß auf das Wachsthum der Bevölkerung ist, wird schwer zu entscheiden sein, da die Zahl der prächtig aussehenden Kinder zur Zeit eine recht große ist. Muß der nachtheilige Einfluß aber nach unumstößlichem Naturgesetz vorliegen, dann wird eben von der bestehenden Freiheit sehr wenig Gebrauch gemacht, und ich glaube das letztere. Es ist allerdings eine Thatsache, daß die Männer ihre Frauen auf die früher hier häufiger zu Anker kommenden Walfischfänger geschickt und sie zwei bis drei Tage auf dem Schiff belassen haben, weil sie dann manches Werthvolle für die Gemeinde mit ans Land gebracht haben, die Schiffe kamen aber doch immerhin so selten und sind so schwach bemannt, daß dieser Einfluß kein einschneidender gewesen sein kann.

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