Главная » Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee: Die Reise der Kreuzerkorvette Ariadne in den Jahren 1877-1881 (Bartholomäus von Werner) (Literarische Gedanken Edition) читать онлайн | страница 89

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2. Die fast ununterbrochenen Kriege zwischen den benachbarten Thälern. Wie mir ein deutscher katholischer Missionar und ein englisch sprechender Eingeborener übereinstimmend versicherten, kommen diese sogenannten Kriege, wenn auch nicht häufig, zwar immer noch vor, verlaufen aber stets unblutig. Die ursprünglichen Waffen existiren gar nicht mehr und es werden nur noch Feuerwaffen gebraucht, zu denen aber entweder die Munition fehlt, oder die Waffen sind in so verkommenem Zustande, daß sie kaum noch gebrauchsfähig sind. Die Kriege entstehen gewöhnlich durch Landstreitigkeiten und werden in der Weise durch Verrath entschieden, daß die eine Partei die andere überrascht und Sieger wird, mithin die Bedingungen stellen kann, welche die unterliegende Partei annehmen muß. Diese Kriege können daher unmöglich die Ursache der allmählichen Entvölkerung sein.

3. Der übermäßige Genuß von Branntwein. Der Trunk scheint hier allerdings das alles beherrschende Laster zu sein, welchem vorzugsweise die rasche Abnahme der Bevölkerung zugeschrieben werden muß, wenn eine Abnahme wirklich stattfindet; letzteres kann noch angezweifelt werden, da der deutsche Missionar, dessen Angaben ich vollen Glauben schenke, vor sechs Monaten auf Fatu-hiva über 700 Seelen gezählt hat, während der englische Commodore Powell im Jahre 1867 nur 500 als die Einwohnerzahl dieser Insel angibt. Aber wirklich angenommen, daß die stets sich wiederholenden Klagen über das Aussterben dieser Eingeborenen begründet sind, so liegt die Ursache hier nicht in den directen Folgen der Trunksucht, sondern der Trunk tödtet meiner Ansicht nach nur auf indirectem Wege. Vor allen Dingen muß hervorgehoben werden, daß die Leute auf diesen Inseln, wo keine Europäer leben, sich ihren Rausch nicht in europäischem oder amerikanischem Schnaps, von welchem in Port Anna-Maria die ganze Flasche nur 10 Pfennig kostet, antrinken, sondern in einem selbstbereiteten berauschenden Getränk, welches aus gegorener Kokosmilch gewonnen wird und wegen fehlender Beimischungen der Gesundheit sehr viel weniger schädlich ist, als die billigen, von den klugen Weißen zusammengebrauten Höllentropfen es sind. Erwägt man, daß die Männer sich allabendlich gemeinsam bis zur vollsten Besinnungslosigkeit betrinken, so müßte man nach unsern Erfahrungen über Säufer jedenfalls annehmen, daß die große Mehrzahl der Männer die äußern Merkmale des Säufers tragen müßte, daß sie nicht nur des Abends sondern auch am Tage trinken würden, und schließlich, daß jede Nachkommenschaft ausgeschlossen wäre. Von alledem ist hier aber nichts zu merken. Die äußerlichen Merkmale des Säufers habe ich bei keinem entdecken können, wenngleich mein Gewährsmann, der englisch sprechende Eingeborene, mir sagte, daß er arbeite und dies nur könne, weil er sich nicht betrinke, obgleich er auch ganz gern trinke, aber stets Maß halte, während die andern so viel tränken, daß sie am andern Tage nicht arbeiten könnten. Ferner trinken die Leute nur des Abends und bleiben am Tage der Flasche fern, können aber auch am Abend enthaltsam sein, wie sie es während unsers Aufenthalts in Omoa durchgeführt haben, und zwar aus einem gewissen Schamgefühl vor uns, wie zwei zu verschiedenen Zeiten befragte Eingeborene übereinstimmend versicherten. Sei es nun, daß wirklich Scham sie vom Trinken abgehalten, oder daß die Ankunft des Schiffes die Geister so angeregt hatte, daß sie auf das gewohnte Gelage verzichteten, Thatsache bleibt es, daß das Trinken noch nicht die Form des gewohnheitsmäßigen Betrinkens angenommen hat. Ich glaube überhaupt nicht, daß die Leute trinken um zu trinken, sondern nur um den langen Abend zu verkürzen und einen Schlaftrunk zu nehmen — sie trinken aus Langeweile. Man muß bedenken, daß hier tagaus tagein die Nacht um 6 Uhr abends und der Tag erst 6 Uhr morgens beginnt, also Tag für Tag 12 Stunden Nacht. Da nun Arbeit unbekannt ist und die Leute den ganzen Tag träge im Nichtsthun hinbringen, so fehlt ihnen am Abend die körperliche Abspannung, um 12 Stunden schlafen zu können. Da ferner die Eingeborenen jedes Thales auf sich angewiesen sind, Schiffe hier nicht anlaufen, Kindererziehung überflüssig ist, keine Person etwas thun kann, was nicht jeder sieht, so fehlt aller Unterhaltungsstoff, nicht einmal klatschen können sie. Schließlich fehlt ihnen auch noch der Taback, um die Zeit mit Rauchen zu vertreiben, und so bleibt diesen bedauernswerthen Menschen, solange die französische Regierung nicht für Handel und Wandel sorgt, weiter nichts übrig als das Trinken. Daß der Abendtrunk nur als Schlafmittel gebraucht wird, kann vielleicht auch daraus gefolgert werden, daß das Getränk nahezu geschmacklos ist, also auch der Kitzel der Geschmacksnerven nicht in Rechnung zu ziehen ist.

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