Главная » Vor dem Mast – ein Nautiker erzählt vom Beginn seiner Seefahrt 1951-56. Band 41 in der maritimen gelben Buchreihe bei Jürgen Ruszkowski читать онлайн | страница 19

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Der Winter 1946/47 war grauselig kalt. Und im Februar 1947 fegte ein Orkantief über die Nordsee und legte nahezu die gesamte Seeschifffahrt lahm. Nur ein paar verwegene Küsteschiffe trauten sich an den ostfriesischen Inseln vor der Küste entlang. Und eines davor war ein niederländisches, welches mit einer Ladung Apfelsinen in Kisten vermutlich von Rotterdam nach Hamburg oder Bremen unterwegs war. Natürlich hatte das Kümo auch diese Apfelsinenkisten als Deckslast auf den Luken gestapelt. Jedenfalls war das Schiff in Seenot geraten und querab der Insel Schiermonnikoog auf Grund gelaufen. Dabei war die gesamte Deckslast über Bord gegangen. Das Wort „Ölteppich“ ist den meisten Küstenbewohnern Norddeutschlands ein feststehender Begriff. Aber von einen „Apfelsinenteppich“ hatte bestimmt vorher noch keiner etwas vernommen. Und so ein Apfelsinenteppich trieb jetzt ostwärts im Gezeitenwechsel und dem Nordweststurm in Richtung Elbe-Weser-Mündung und davon strandete ein großer Teil auf dem Wattenrücken zwischen Cuxhaven-Duhnen und den Inseln Neuwerk und Scharhörn. Vielleicht verhinderte der Weststurm sogar, dass die Kisten bei ablaufendem Wasser zurück in die deutsche Bucht trieben. Jedenfalls lagen sie auf dem Wattrücken und auf den Sandbänken. Dieses Ereignis bemerkten zuerst die schlitzohrigen Bauern der Insel Neuwerk, die das garantiert per Telefon oder Trommeln ihren Verwandten in Duhnen auf dem Festland mitgeteilt hatten. Die Pferde wurden vor die hohen Wattwagen gespannt, und dann ging es bei Ebbe ab ins Watt zum Apfelsineneinsammeln. Die ersten werden vermutlich recht fündig geworden sein. Doch da sich dies auch unter der Bevölkerung Cuxhavens schnell herumgesprochen hatte, setzte langsam eine Art Völkerwanderung ein. Wattwanderer im Winter gab es damals selten. Jeder wollte so viel wie möglich Apfelsinen ergattern. Für die meisten gab es jedoch nur kalte Füße. Doch einige wenige bekamen ihre Wagen voll mit diesen vorgekühlten Früchten aus Spanien. Natürlich waren auch die Zöllner hellhörig geworden. Apfelsinenkisten als Strandgut? Da müsste man doch Zoll erheben. Und da die Cuxhavener Zollbeamten nicht gerade in Arbeit erstickten und aus diesem Anlass mit erklecklichen Zolleinnahmen rechneten, tauchten sie damals im Februar 1947 an den Küstenabschnitten zwischen Sahlenburg und Kugelbake auf und hielten Ausschau nach Apfelsinensammlern, bei denen sie abkassieren wollten. Möglich, dass sie bei den einen und anderen Cuxendörper Buern Glück hatten. Ich weiß nur, dass es das Stadtgespräch war. Ich selbst hatte keine einzige gestrandete Apfelsine in den Händen gehabt. Ich wusste damals noch gar nicht, wie so eine Frucht aussah.

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