Читать книгу Neuseenstadt 2040. Geschichte einer Unternehmerin онлайн
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»Ist das ein Gesetz?«
»Nein, es ist Selbstverpflichtung und Arbeitsgrundlage für alle, die konkrete Projekte in der Seenlandschaft realisieren. Wer versucht, diese Charta zu umgehen, erntet heftige Bürgerproteste. So wurden unsinnige Baumaßnahmen verhindert, die die einmalige Landschaft zerstört hätten. Für mich ist die Entwicklung dieses Gebietes ein gelungenes Beispiel von Demokratie, von privatem Unternehmertum und bürgerschaftlichem Engagement.«
»Das klingt alles viel zu schön, um wahr zu sein. Aber berichten Sie mir am besten von Anfang an, wie sich das Wohngebiet und Ihre Firma entwickelt haben. Ich bin gespannt!«
Jutta Herbst beginnt zu erzählen: »Die Kastanien wurden vor fünfunddreißig Jahren gepflanzt, damals standen hier zwei einsame Bänke am See. Weitere fünfzehn Jahre vorher hatten die Menschen der Region nach der friedlichen Revolution in der DDR an diesem Ort den Braunkohletagebau gestoppt. Erst danach entwickelte sich die schöne Seenlandschaft. Die Geschichte meiner Firma begann genau hier und bevor die Bäume in den Himmel wuchsen. Als ich Enrico Sommer 2005 auf der Bank am See kennenlernte, sprachen wir über seine Pläne, eine neue Siedlung aufzubauen. Hier sollte das Leben auch für ältere und hilfsbedürftige Menschen lebenswert und selbstbestimmt sein. Aber es sollte keinesfalls ein Wohngebiet nur für alte Leute entstehen, sondern für alle Altersgruppen. Schnell war klar, dass zum Wohnen der Zukunft für junge und alte Menschen mehr Service gehört als damals üblich war. Es zeichnete sich schon ab, dass durch den demografischen Wandel viel mehr Menschen Dienstleistungen benötigen als sie von den vorhandenen Arbeitskräften geleistet werden können. Auch jüngere Menschen brauchen zunehmend Serviceleistungen, um ihren anstrengenden Alltag zu bewältigen. Bei meiner Arbeit in der Freiwilligenagentur lernte ich zahlreiche Senioren kennen, die für eine sinnvolle Aufgabe gebraucht werden wollten. Dabei war fast allen wichtig, über die Art und den Umfang ihrer Tätigkeit selbst zu bestimmen. Sie wollten geistig fit bleiben, soziale Kontakte pflegen, anderen helfen, Wissen weitergeben. Für viele war das wichtiger als Bezahlung. Doch die meisten Senioren wünschten sich zusätzlich eine gerechte Entlohnung für ihre Leistung. Deshalb suchten viele Pensionäre bezahlte Jobs, um ihre Rente aufzubessern und sich etwas mehr Annehmlichkeiten leisten zu können.