Читать книгу Mutterboden. Der andere Berlinkrimi онлайн
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Vom ersten Tag an hob das Heimweh in Alika tiefe Gräben aus. Sie machte Abitur und studierte auf Anweisung der Mutter Betriebswirtschaft. Aber die Winde des Kaukasus zerrten immer stärker an ihr. Und als die Mutter mit einem neuen Mann nach Israel weiterzog, ließ Alika die Wirtschaft fahren und folgte den Einflüsterungen des Windes.
Sie kaufte von ihrem restlichen Geld Pinsel, Farbe und Leinwand und malte wie eine Besessene die verlorene Heimat. Bewarb sich erfolgreich um einen Studienplatz an der UdK und bezog die bezahlbare Abstellkammer einer schmuddeligen Moabiter WG, regelmäßig von den Mitbewohnern eingeladen, mit ihnen ihre Betten zu teilen.
Denn Alika war eine exotische Schönheit in einer an fremdartigen Physiognomien überreichen Stadt. Über ihrer gebogenen Nase teilte eine Kindheitsnarbe Stirn und Gesicht in zwei ungleiche Hälften. Ihre tiefschwarzen Augen gruben sich in das Gegenüber. Alika trat den Menschen zu nah, strahlte eine atemberaubende Intimität aus, mit ihrem wilden schwarzen Haar, ihrem ausgreifenden Schritt, ihren von Ölfarben bunten Fingern. Obwohl klein an Körpergröße, war Alika eine unübersehbare Frau, zu deren glühendem Wesen sich jeder stellte – in Bewunderung oder Ablehnung, in Begehren oder Haß.