Читать книгу Mutterboden. Der andere Berlinkrimi онлайн
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Alika hatte ihren Ort gefunden.
Ein ehemaliger Seemann hatte dort dreißig Jahre Schrauben und Nägel, Ösen und Muttern, Unterlegscheiben und Scharniere verkauft. Hatte Schuhe besohlt, Schlüssel geschliffen und Schilder geprägt. Als man ihn tot inmitten seiner Schrauben fand, sang Freddy Quinn in Endlosschleife »La Paloma«.
Es gab die alte Apothekeneinrichtung noch, der Seemann hatte sie genutzt. Jede Lade, jede Nische war gefüllt mit Kram aus längst vergangenen Zeiten. Alika räumte Platz frei für ihre Staffelei und hängte ein Schild in das Fenster: Alles mögliche zu verschenken.
Sie feierte eine rauschende Einweihungsparty mit ihren Künstlerfreunden. In der kleinen Küche kochte sie georgische Spezialitäten. Die ersten Nachbarn kamen. Zogen Schrauben und Nägel aus Schubladen und Kistchen, linsten nach der Narbe auf Alikas gespaltener Stirn und schnupperten an ihrem fremden Essen. Alika ließ sie kosten.
Ihre Apotheke war von Anfang an ein offener Ort. Wollte sie malen, hängte sie ein Schild in das Fenster: Bin im Kaukasus. Niemand störte sie dann. Aber öffnete sie die Tür und die Gerüche ihrer Heimat wehten auf die Straße, blieb sie nicht lange allein. Als erstes kamen die Huren, dann die Ladenbesitzer von nebenan, die Nachbarn aus dem Haus. Alle bewunderten ihre Bilder, niemand kaufte sie. Aber alle wollten essen, und Alika war eine gute georgische Gastgeberin, sie fütterte sie mit den Genüssen ihrer Heimat.