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Читать книгу 100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 3 онлайн

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Tracy Arm und Russisch Alaska

Der Bus der White Pass & Yukon Route startete auf die Minute genau um 8 Uhr und brachte uns mit Gepäck für 74 Dollar nach Skagway. Genauer gesagt bis Frazer, denn dort wird der Pass kontrolliert und auf die Eisenbahn umgestiegen. Die allerletzten Kilometer im Ort überbrückt der kostenlose Van der kleinen Gold Rush Lodge, deren roter Holzbau einfach wirkt, sich aber als ordentlich und sauber erweist, und dessen Besitzer an viele kleine Annehmlichkeiten gedacht hat. Skagway ist für uns, wie auch morgen Juneau, nur kurze Zwischenstation. Das eigentliche Ziel an der Inside Passage heißt Prince Ruppert, und dorthin wird uns die „Taku“ bringen. Dieses Schiff haben wir ganz bewusst gewählt, denn es ist das einzige der Flotte, das derzeit Sitka – das ehemalige Paris des Nordens – am Tage anläuft. Während in Juneau noch eine Tour in den Tracy Arm ansteht, werden wir uns heute in Skagway nur unters Volk mischen und den Unabhängigkeitstag mit all denen feiern, die das auch tun. Und dazu ist der „Red Onion Saloon“ die richtige Destination; historisch, urig, und die Band mit Sängerin mischt ordentlich auf. Auf die Preise wirkt sich dieser Service aber nicht aus, denn für zwei Portionen Chilibohnen und sechs große dunkle Bier standen am Ende ganze neun Dollar auf der Rechnung, und das sind momentan weniger als fünfeinhalb Euro. Rechnerisch kann das eigentlich nicht stimmen, doch listet die Getränkekarte nur die Biersorten auf, aber keine Preise. Da bleibt also nur anzunehmen, dass es heute Freibier gibt, und lediglich die Bohnen zu bezahlen waren. Mysteriös ging es hinter diesen alten Holzwänden aber schon immer zu, und der Grund, weswegen der Red Onion Saloon heute als „National Historic Building“ geführt wird, ist dann auch eher ein schmunzelnder: 1897 aus Planken gebaut, die Skagways Gründer Capt.William Moore im Wald selbst geschlagen hatte, entwickelte sich das ein Jahr später eröffnete „Business“ zum exklusivsten Bordell des Ortes. Während im Parterre Alkohol ausgeschenkt wurde, hatten die zehn kleinen Räume der zweiten Etage neben drei Ausgängen – zwei davon in das jeweilige Nebenzimmer – auch je eine Kupferrohrverbindung vom Fußboden des Zimmers zum „Cash Register“ an der Bar, wo jeweils eine Puppe pro Zimmer signalisierte, welche der Damen Besuch hatte oder nicht. Wenn das Geschäft blühte, legte der Mann hinter dem Tresen die Figur solange auf den Rücken, bis das Geld durch das Kupferrohr an der Bar angekommen war und dem Minipüppchen wieder auf die Beine verhalf. Die Sicherheit des Honorars, üblicherweise fünf Dollar in Gold, garantierte der Barkeeper, der es solange verwahrte, bis Birdie Ash, Big Dessie, Popcorn Lil, The Oregon Mare, Babe Davenport, Pea Hull Annie, Kitty Faith, The Bell of Skagway – auch die berühmte Klondike Kate soll dabei gewesen sein – ihre Münze abholten. Als das Geschäft 1899 zu stagnieren begann, zogen die meisten der Damen nach Norden, wo sie in Dawson den Goldfeldern wesentlich näher waren und Casinos, Spiel- und Tanzhallen von erheblichem Aufwind beflügelt wurden. Der Red Onion Saloon selbst veränderte sich auch, denn die Eisenbahn begann das Geschäft in Skagway zu bestimmen, und viele der Geschäfte rückten nun näher an die Station heran. Auch der „Red Onion“, für den ein einziges Pferd genügt haben soll, um die Konstruktion von der 6th- / State Street zum heutigen Broadway-Standplatz zu ziehen, machte den Transport mit. Unglücklicherweise soll das um die letzte Ecke herum rückwärts erfolgt sein, so dass Front- und Rückseite demontiert und umgetauscht werden mussten, damit vorn wieder vorn war und nicht hinten. Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges diente das Gebäude unterschiedlichen Zwecken. Es war Wäscherei, Bäckerei, Armeebaracke, Fernsehstation und Souvenir-Laden. Erst als Jan Warentmore 1980 eine „Liqueur-Licence“ erwarb, eröffnete es wieder als Saloon, in dem heute kaum ein Platz zu bekommen war. Immerhin ist uns nun auch das „Frontcover“ der Speisekarte klar, dass eine flotte Dame durch eine Sprechblase lächelnd sagen lässt: „ So you thought I was the only dish at the Red Onion Saloon“ …

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