Читать книгу Berliner Leichenschau. Kleines Einmaleins des Mordens онлайн
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»Nein, das hätte sie nicht«, erwiderte Schwarz fachkundig. »Dagegen sprachen nämlich drei Umstände: Erstens lag die Kopfverletzung zu hoch für einen Sturz zu ebener Erde, und am Fundort gab es weder einen nennenswerten Höhenunterschied noch eine Treppe. Das besagt die sogenannte Hutkrempenregel. Zweitens war die Schädelfraktur auffallend gut geformt, da hätte es schon ein entsprechendes Widerlager vor Ort geben müssen. Drittens unterscheiden sich die Hirnverletzungen nach einem Schlag auf den Kopf von denen nach einem Aufschlag des bewegten Schädels, wie beispielsweise bei einem Sturz. Das ist als Contrecoup-Phänomen bekannt. Du siehst, ich konnte mir ziemlich sicher sein.« Und nach einer kurzen Pause fügte Schwarz lachend an: »Vielleicht solltest du wieder einmal in meine Vorlesung kommen!«
Granow erwiderte trocken: »Wenn wir von der Kripo das alles wüssten, wärt ihr Rechtsmediziner doch überflüssig.«
Nachdem die beiden das Gespräch beendet hatten, ging Schwarz zu seinem Wagen. Nun war es schon so spät, dass er den Berufsverkehr nicht mehr fürchten musste. Bei der ruhigen Fahrt nach Köpenick hatte er Zeit zum Nachdenken. Über die Hutkrempenregel hatte er früher wissenschaftlich gearbeitet. Sie wurde in der Fachliteratur meist dem deutschen Gerichtsmediziner Kurt Walcher zugeschrieben, der dazu in den dreißiger Jahren publiziert hatte. Schwarz hatte dann bei seinen Recherchen die Erkenntnis bei dem Österreicher Julius Kratter gefunden, der schon Ende des neunzehnten Jahrhunderts darüber berichtet hatte. Und was käme wohl heraus, wenn man weitersuchte? So war das oft mit dem Ruhm durch Namensgebungen – nicht immer traf es den Richtigen. Aber die Regel war sehr nützlich.