Читать книгу Koshiki Kata. Die klassischen Kata des Karate-do онлайн
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Jahre der Praxis, eine lange technische und geistige Entwicklung führen dazu, daß die Wahrnehmung der Dinge, seien sie sichtbar oder unsichtbar, sich wandelt. Ein neues Verständnis der Kata bildet sich heraus. Die Kata ist nun nicht mehr ein symbolischer Kampf mit mehreren Gegnern nach festen Regeln, die vor langer Zeit unverrückbar festgelegt wurden. So erscheint sie lediglich am Beginn des Weges. Gegenstand dieses Buches ist hingegen die veränderte, gereifte Wahrnehmung der Kata, das neue Verständnis, das sich dem Praktiker nach vielen Jahren eröffnet. Solch eine Absicht leuchtet natürlich nicht ohne weiteres ein. Es erscheint zunächst schwer vorstellbar, wie eine „mündliche Tradition“9 durch die Seiten eines Buches vermittelt werden soll. Hinzu kommt, daß nicht wenige Bestandteile dieser mündlich übermittelten Tradition im 20. Jahrhundert verlorengegangen sind. Die modernen Techniken der Ton- und Bildaufzeichnung sind zu spät gekommen.
Es darf nie vergessen werden, daß die Geschichte jeder Kata sich vor dem Hintergrund dreier bedeutender kultureller Umbrüche abspielte. Jeder Umbruch bedeutete einen Verlust an Wissen, sowohl, was die Form der Kata, als auch, was ihre Grundlagen anging. Zunächst, vor etwa zwei Jahrhunderten, teilweise aber auch schon eher, erfolgte die Umwandlung des Tôde10 in das Okinawa te, das heißt, die chinesischen Nahkampftechniken wurden auf die Insel Okinawa übertragen und an das dort bereits Bestehende angepaßt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wandelte sich das Okinawa te zum Karatedô. Dies bedeutete eine erneute Übertragung, verbunden mit neuerlicher technischer und kultureller Verarmung, was diesmal den Verschiedenheiten der Gesellschaftssysteme auf Okinawa und in Japan sowie den unterschiedlichen Mentalitäten und Sichtweisen der Okinawaner und der Japaner geschuldet war. Die dritte Wandlung erfolgte schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg, als sich das Karatedô zum modernen und sportorientierten Karate entwickelte, was mit einem weitgehenden Schwinden der kriegerischen Zweckbestimmtheit verbunden war. Modifikation, Verlust und Verarmung wurden zum weltweiten Phänomen, das in Japan mit seinem unbändigen Drang nach Modernität und Effizienz seinen Ausgang nahm.