Читать книгу Vor dem Mast – ein Nautiker erzählt vom Beginn seiner Seefahrt 1951-56. Band 41 in der maritimen gelben Buchreihe bei Jürgen Ruszkowski онлайн
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Im Alter von 11 Jahren zusammen mit meiner Mutter Hilde und meinem jüngeren Bruder Peter im Mai 1946
Dieses Durcheinander war sie von der vorangegangenen Werteordnung des Großdeutschen Reiches nicht gewohnt. Wie gesagt, es war damals 1945 alles ganz schön nervig und entmutigend am Ende der Welt in Cuxendörp an der Elbe. Wir jungen Bengels steckten diese neuen Erfahrungen etwas lässiger weg als die Erwachsenen. Wir genossen unsere neue „Freiheit“. Wieso Freiheit? Nun ja, zum einen die plötzliche „Schulfreiheit“, denn die Schulen waren ja geschlossen, von den Siegern beschlagnahmt, und wir konnten den ganzen Tag draußen in so genannten Kinderbanden herumtoben und dummes Zeug anstellen. Weiterhin Freiheit, weil der Vater vorübergehend „weggeschlossen“ war, denn es stellte sich plötzlich heraus, dass er lebte und in britische Gefangenschaft geraten war. Also weit, weit weg von zuhause, doch er würde wiederkommen, nur wann? Meine beiden Vettern, die mit ihrer Mutter aus Elbing, Ostpreußen, zu uns geflüchtet waren und neun Monate bei uns lebten, waren wie ich auch unternehmungslustig. Unsere Mütter waren die meiste Zeit des Tages mit der Problemlösung der Abfütterung beschäftigt, okay es war eine makabre Freiheit. Fast überall konnte man übermütig am Deich und am Rande des Hafens herumstrolchen. Nicht einmal mein schwer kriegsversehrter Onkel, der die Chefstelle des Hauses vorübergehend eingenommen hatte, konnte uns daran hindern. Wir waren schneller. Und was fand man bei diesen Ausflügen nicht für hochinteressante Sachen, die andere Leute entweder verloren oder weggeworfen hatten?! Zum Beispiel braune Paradeuniformteile von „Goldfasanen“! Gutes Tuch! Oder weggeworfene Orden von Goldfasanen, die es plötzlich nicht mehr gab. Es lag alles so in der Landschaft herum, einsam und verlassen. Und wir sammelten es wieder auf und brachten es heim. Es hatte sich unser damals eine Art Sammelleidenschaft bemächtigt.