Читать книгу Kunstmord. Kappes 11. Fall. Kriminalroman (Es geschah in Berlin 1930) онлайн
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Es gab sie häufig, diese mittelmäßigen Tage, an denen nichts recht glücken wollte, an denen der Funke nicht übersprang. Umso glückseliger tauchte er in das Gefühl ein, das ihn dann und wann übermannte, wenn er merkte, dass das Bild, das er begonnen hatte, ein ganz besonderes zu werden versprach – was es dann meist auch wurde.
Doch was nützten all seine Bemühungen, wenn nur eine Handvoll Menschen diese Bilder je zu sehen bekamen? Die Zeiten waren schlecht, und er hatte kaum Ausstellungen. Von der Berliner Künstlerszene hielt er sich fern, denn er hielt diese Leute für arrogant und aufgeblasen. Er war allenfalls mal auf Sichtweite an einen von ihnen herangekommen, und das genügte ihm völlig. Er hatte nichts mit ihnen gemeinsam, das glaubte er auch aus der Entfernung zu erkennen.
Er, Victor Reimer, war stolz darauf, dass er niemals eine Kunstschule von innen gesehen hatte. Alles, was er konnte, hatte er sich selbst beigebracht. Sein Vater hatte ihn, als er nicht einmal sechzehn war, dazu gedrängt, eine Lehre als Lagerverwalter bei Opel in der Bessemerstraße zu machen, der Firma, in der er selbst als Einkäufer arbeitete. Victor wäre gerne weiter zur Schule gegangen, doch der Vater hatte darauf bestanden, dass er endlich Geld verdiente. Als Lehrling bekam er zwar nicht viel, aber doch genug, damit der Vater beruhigt war. Immerzu machte er sich Sorgen. Victor hatte ihn damals zu einem Freund sagen hören: «Was soll denn aus dem Jungen werden, wenn mir etwas zustößt? Sie schicken ihn ins Waisenhaus, wenn er nicht für sich selbst sorgen kann!»