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»Und wer hat ihnen die Manipulationen an dem Virus eingeflüstert, deren Folgen wir jetzt erleben? Sitzt dein Hass auf die normalen Menschen so tief, dass du erst zufrieden bist, wenn die Welt eine tote Kugel ohne jegliches Leben ist? Auch du bist ein Mensch, Gabriel. Zwar einer mit unglaublichen Fähigkeiten, aber dennoch ein Mensch.«
Schweigen im Nimbus. Eine Minute, eine Stunde, eine Ewigkeit lang.
Du hast recht, Schwester.
»Ich glaube dir nicht.«
Was soll ich denn tun, damit du mir glaubst?
»Ich weiß es nicht.«
Und wenn wir versuchen, deine kleinen Pilger zu finden? Vielleicht benötigen sie Hilfe? Könnte ich dir so beweisen, dass ich es ernst meine, wenn ich sage, dass ich meine Taten bereue?
Nachdenkliches Schweigen.
»Gut. Wir werden sie suchen, und wenn sie Hilfe brauchen, versuche wir zu helfen.«
Danke, Schwester. Du wirst sehen, ich habe mich verändert.
»Ich frage mich, ob ich diesen Entschluss nicht irgendwann bereuen werde.«
***
Jörg war müde und er spürte jede einzelne Unebenheit des breiten Feldwegs, über den sein Fahrer den Jeep gerade lenkte. Die Müdigkeit und der Stress der letzten Tage führten dazu, dass Jörg sich wund fühlte. Nicht körperlich, sondern geistig. Vor allem die Notwendigkeit des ständigen Zweidenk, wie Frank es so passend getauft hatte. Um bei einer Kontrolle ihrer Gedanken durch den Major nicht aufzufallen, waren Jörg und Frank dazu gezwungen, intensiv an etwas anderes zu denken, während sie miteinander redeten oder eben in Gedanken Pläne schmiedeten. Es war ermüdend die dazu notwendige Konzentration aufrechtzuerhalten. Ermüdend, aber überlebenswichtig. Der Major hatte seine Armee angetrieben und bis zum Äußersten gefordert. Ohne Rast hatte er Tag und Nacht hindurch seine Truppe vorrücken lassen. Sie hatten einen weiten Bogen um das Gebiet der Neyetalsperre gezogen und waren teils auf Schleichwegen, teils auf Landstraßen vorwärts marschiert, getrieben vom eisernen Willen des Majors, der das tote Köln so schnell wie irgend möglich erreichen wollte. Voraustrupps räumten mithilfe der nie ermüdenden Zombies und der menschlichen Sklaven Hindernisse aus dem Weg, die sie mit den Lkw des Tross niemals hätten passieren können. Einmal hatte Jörg mitten in der Nacht, während er einen der Aufräumtrupps befehligte, eine Ahnung gehabt. Er glaubte in seinem Kopf eine Stimme zu hören, die ihn vage an Tom erinnerte. Die Gedanken des Jungen - wenn er es denn wirklich gewesen war und keine Einbildung, die auf der Erschöpfung Jörgs basierte – waren voll auf einen Kampf ausgerichtet. Für den Bruchteil einer Sekunde sah Jörg vor seinem geistigen Augen Köpfe platzen, gierige Klauen und den Ausschnitt einer schrecklichen Schlachtszene. Nur mit Mühe hatte er sich zusammenreißen und wieder auf seine Aufgabe konzentrieren können. Trotzdem hatte er danach ständig an Sandra denken müssen und sich gefragt, wie es ihr ging. Die erste Frau, die ihm wirklich etwas bedeutete, und dann wurden sie so brutal auseinandergerissen. In diesem Augenblick hatte Jörg sich nach einer Flasche Schnaps und einem ruhigen Plätzchen gesehnt. Frank hatte ihn in dieser Nacht merkwürdig angesehen. So etwas wie Wissen hatte in seinem Blick gelegen, aber Jörg hatte ihn bisher nicht darauf angesprochen.