Читать книгу Die heimliche Geliebte. Ein Wilhelm-Busch-Krimi онлайн
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»Und? Warum habt ihr ihn nicht unter Druck gesetzt? So etwas wie Unterhaltspflicht gab es doch auch damals schon.«
»Deine Mutter ist stolz«, sagte Onkel Ludwig nur. »Sie hätte standesgemäß heiraten und einem gepflegten großen Haushalt vorstehen sollen. Niemand hatte sie auf das Leben vorbereitet, das sie nun führen musste. Sie gehört zu einer anderen Generation, Leo. |36|Frauen wie deine Mutter wurden nicht dazu erzogen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.«
Hanna musste zumindest aus der Ferne die 68er miterlebt haben, und da klammerte sie sich immer noch an der Rolle der höheren Tochter aus gutem Hause fest? Leo konnte es nicht begreifen. Aber ihre Familie war ja schon immer irgendwie anders gewesen.
»Unsere Rettung damals war mein Lehrauftrag hier an der Hochschule«, schob sich Onkel Ludwigs Stimme in ihre Gedanken. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich war, als ich ihn bekam. Wir zogen in die Mietwohnung, die ihr beide euch jetzt teilt.«
Leo erinnerte sich an ihre ersten Kinderjahre, an die Zeit zu dritt, und dachte, dass die Situation nach ihrer Geburt bestimmt nicht einfacher geworden war. Von da an war für ihre Mutter erst recht nicht daran zu denken gewesen, sich eine Arbeit zu suchen, und es blieb ihr unangenehm viel Zeit, sich auf ihre Tochter zu konzentrieren.