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Wer Louis Krimnitz zum ersten Mal sah, der hielt ihn für einen preußischen Landjunker, der nach Berlin gekommen war, um sich hier in den Weinstuben und den einschlägigen Etablissements kräftig zu amüsieren. Oder war er vielleicht doch einer jener neureichen Fabrikbesitzer oder Eisenbahnbauer, die dabei waren, die Welt zu erobern? Jedenfalls hatte er etwas an sich, das Ehrfurcht erheischte, und andere fühlten sich klein in seiner Gegenwart. Das hatte seine Ursache ebenso in seinem massigen Körper wie in seinem Blick, von dem die Freunde sagten, er sei der eines Dompteurs, vor dem im Zirkus die stärksten Löwen kuschten. Doch all das war Täuschung, war Maske und Fassade, denn in Wahrheit war Louis Krimnitz ein sehr unsicherer Mensch, immer auf der Flucht vor sich selber und getrieben von der Angst, wieder abzustürzen und dort zu landen, wo er hergekommen war: in der absoluten Armut.

Am 12. November 1822 war er im Armenhaus des Städtchens Dramburg geboren worden, und seine Mutter, eine Magd aus einem nahe gelegenen Dorf, hatte drei Tage später Pommern auf Nimmerwiedersehen verlassen. Louis hieß er nach seinem Vater, einem französischen Matrosen, den seine Mutter in einem Stettiner Lokal kennengelernt hatte. Nach einer stürmischen Liebesnacht hatte er sich in Richtung Guyana davongemacht, und da man seinen Nachnamen nicht kannte, waren alle Nachforschungen im Sande verlaufen. So war es Louis’ Schicksal gewesen, ohne jede Nestwärme in diversen preußischen Waisenhäusern aufzuwachsen. Aber immerhin, verhungert und erfroren war er nicht, darüber hinaus hatte er lesen und schreiben gelernt, die grundlegenden Rechenkünste dazu. Selbst der Tatsache, dass er täglich mehrfach geschlagen worden war und man ihn zur Strafe immer wieder in dunkle Keller gesperrt hatte, vermochte er im späteren Leben einiges abzugewinnen: Gelobt sei, was hart macht. Er konnte sich quälen und schinden wie kein Zweiter und schaffte, nachdem er seinen Militärdienst abgeleistet hatte, den Aufstieg vom Tagelöhner zum Bauunternehmer. Angefangen hatte er als Gleisbauarbeiter bei der Berlin-Anhaltinischen Eisenbahn, und als fünf Jahre später, im Jahre 1846, die Frankfurter Bahn nach Breslau verlängert wurde, hatte er mit seinen Ersparnissen, vor allem aber mit geliehenem Geld schon eine kleine Firma gegründet und den Auftrag zum Bau mehrerer Schrankenwärterhäuschen bekommen. Schnell hatte er begriffen, dass man nur zu etwas kommen konnte, wenn man andere für sich schuften ließ. Und billige Lohnsklaven gab es viele, gerade nach der gescheiterten Revolution von 1848.

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