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Friedrich Silberstein traf seine Frau bei der Lektüre eines Romans. Es war Gottfried Kellers Der grüne Heinrich, wie er sah, als sie das Buch beiseite legte. Er fand es furchtbar langweilig und hatte schon nach den ersten fünf Seiten aufgegeben. Etwas anderes interessierte ihn weitaus mehr.

»War Meir Rosentreter hier?«

Sarah schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Er wollte mir ein Empfehlungsschreiben bringen, für meine Reise nach Mainz, wo sie eine neue Synagoge bauen wollen.«

»Ich kann nur sagen, dass er nicht da war.«

Friedrich Silberstein machte eine Handbewegung, die abwiegeln sollte, denn seine Frau schien ein wenig eingeschnappt zu sein. »Komisch, wo er sonst immer so gefällig und so zuverlässig ist …«

Sarah Silberstein zeigte zur Zimmerdecke hinauf. »Vielleicht weiß Aaron mehr.« Ihr Sohn hatte direkt über ihnen sein Zimmer.

»Wieso soll der was wissen?«

»Weil er sich gestern mit Katharina getroffen hat. Soll ich ihn mal holen?«

»Ja, tu das.«

AARON SILBERSTEIN hörte seine Eltern unten in der guten Stube diskutieren und verspürte wohl unwillkürlich den Wunsch, nach unten zu eilen und seinen Vater zu begrüßen, andererseits war ihm die ungestörte Mittagsruhe ein lieb gewordenes Ritual, und zu gern hätte er noch ein paar Seiten Eichendorff gelesen, ehe er wieder in die Brüderstraße eilte und in seiner Kanzlei auf Klienten wartete.

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