Читать книгу Das Duell des Herrn Silberstein. Roman. Doku-Krimi aus dem Berlin des 19. Jahrhunderts онлайн
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Aaron Silberstein war zu sehr Jurist, um nicht die Kunst der Selbstbeherrschung eingeübt zu haben. Wer sich von seinen Emotionen übermannen ließ, hatte von Anfang an die schlechteren Karten. Also bemühte er sich um eine subtile Ironie. »Ah, die Herren sind gekommen, um Ludwig Urban hier bei mir zu suchen und festzunehmen.«
Das war derart frech, dass Dr. Stieber erst einmal schlucken musste, denn Ludwig Urban, ein Tierarzt, war einer der bürgerlichen Anführer der Märzrevolution von 1848 gewesen und hatte anfangs ausgerechnet ihn, der die Liberalen jetzt gnadenlos jagte, zum Verteidiger gehabt. Doch der Direktor der Kriminalpolizei fasste sich schnell und wurde inquisitorisch. »Das ist ja interessant, dass Sie Ludwig Urban so gut kennen …«
»Ich weiß nur, was alle wissen: dass er in Friedersdorf wohnt.«
»Er will aber nach Berlin zurück, weil es seiner Frau auf dem Dorf nicht recht gefällt«, sagte Dr. Stieber. »Wir dürfen uns dann einmal bei Ihnen umsehen …«
»Aber gern … Auch mein Vater wird sich freuen.« So ausgeschlossen schien Aaron dies gar nicht einmal, erzkonservativ, wie der war. Jetzt erst wurde ihm klar, dass Dr. Stieber vielleicht etwas ganz anderes bei ihm suchte: Schriften seines Freundes Wilhelm Blumenow. Der hatte sich nämlich mit Daniel Benda und einigen anderen zusammengesetzt, um zu überlegen, ob man den »Volksverein«, der sich 1848 aufgelöst hatte, nicht wieder beleben könne und vielleicht die Gründung einer Partei mit dem Namen »Deutscher Volksverein« wagen solle. Aaron selbst liebäugelte eher mit der linksliberalen Fortschrittspartei, die von Rudolf Virchow gegründet worden war, hatte sich aber noch nicht entschließen können, ihr beizutreten. All dies musste bei Hinckeldeys Schnüfflern auf hohes Interesse stoßen, doch sie fanden nichts, sosehr sie sowohl bei Aaron als auch bei seinem Vater alles auf den Kopf stellten.