Читать книгу Dr Crime und die Meister der bösen Träume онлайн
60 страница из 84
Wir starrten uns an.
Jedenfalls habe ich es so in Erinnerung, dass auch er mich während der letzten Minuten seines Lebens mit seinem Blick zu fixieren versuchte, während ich ihm, ebenfalls mehr tot als lebendig, beim Sterben zusah.
Leise sagte ich auf Deutsch:
„Wie süß ist es, zu träumen nach den Leiden
Den Traum, in Licht und Erde zu zerfallen,
Nichts mehr zu sein, von allem abzuscheiden,
Und wie ein Hauch der Nacht hinab zu wallen …“
„Was erzählst du da?“, keuchte Roberto.
„Georg Heym“, sagte ich.
„Was bedeutet das?“
So gut ist mein Spanisch nicht, dennoch ich tat mein Bestes und übersetzte die Verse.
„Du bist ein Dichter“, flüsterte er.
„Nicht ich“, sagte ich, „das ist …“, doch da war er bereits tot.
„Ein Falter kommt die Schlucht herab. Er ruht
Auf Blumen. Und er senkt sich müd
Der Wunde zu, dem großen Kelch von Blut,
Der wie die Sammetrose dunkel glüht.“
Ich sah zwar weit und breit keine einzige Blume, aber ich wollte keinesfalls den Schluss des Gedichtes ungesagt lassen, auch wenn er mich nicht mehr hören konnte. Das mag ein normal denkender, normal empfindender Mensch als abartig, als pervers empfinden, doch selbst bei einem so hochgradig brutalen und skrupellosen Typen, wie es Roberto gewesen war, der mich nur Minuten zuvor auf höchst grausame Weise zu Tode foltern wollte, fiel es mir schwer, ihn wortlos gehen zu lassen.