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»Niemand beobachtet mich«, stellte ich sachlich fest.

»Nicht dort unten, mein Junge. Dort drüben. Im Nachbarhaus. Der Gammelgade 104.« Mein Vater streckte den Zeigefinger seiner rechten Hand in eben jene Richtung, in die ich noch kurz zuvor geblickt hatte.

Unterhalb der jetzt vogelfreien Dachrinne fiel mein Blick auf eine Reihe von Fenstern. Hinter einigen hingen Gardinen, hinter anderen Jalousien, und in einem stand die Silhouette eines Mannes. Hinter ihm, in einer wie es schien leeren Wohnung, baumelte eine nackte Glühbirne von der Decke und sorgte dafür, dass ich ihn nur als Schatten wahrnehmen konnte. Die Gestalt hinter der Fensterscheibe im ersten Stock des gegenüberliegenden Hauses stand ebenso still wie ich selbst noch Augenblicke zuvor. Sein runder, allem Anschein nach kahler Kopf saß auf einem kurzen Hals über massigen Schultern. Es machte tatsächlich den Eindruck, als würde er zu mir herüberstarren, doch ganz sicher war ich mir nicht.

Bis vor Kurzem war diese gegenüberliegende Wohnung noch das Zuhause einer alte Dame gewesen. Auf ihren Fensterbänken hatten Petunien geblüht, und hinter eben jenem Fenster, durch das ich jetzt angestarrt wurde, hatte eine weiße Spitzengardine gehangen. Die Alte hatte mir manchmal ein Lächeln geschenkt, wenn sie am Fenster gestanden und ihre Blumen gegossen hatte. Doch eines Tages war die Dame buchstäblich weg vom Fenster, und ich war, während ich auf meine Busse wartete, dazu verdammt gewesen, den Petunien beim Welken zuzuschauen. Bald darauf waren die Spitzengardinen entfernt, die trockenen Petunien entsorgt, und die ganze Wohnung weiß gestrichen worden, was nur bedeuten konnte, dass die Alte dahin gegangen war, von wo niemand jemals zurückkam. So handelte es sich bei dem Beobachter hinter dem Fenster vermutlich um den neuen Mieter der Wohnung.

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