Читать книгу Eis. Abenteuer. Einsamkeit. Mit dem Fahrrad in die sibirische Arktis онлайн
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Umgeben vom Dämmerlicht des Abends, stehe ich nun wieder allein in dieser endlosen Schneewüste. Die Lufttemperatur ist inzwischen auf –25 °C abgesackt. Ich komme mir vor wie ausgesetzt, doch ich bin freiwillig hier. Ein überwältigendes Gefühl überkommt mich im Bewusstsein, den ganzen langen Weg hierher selbst erkämpft zu haben. Es wäre nicht das Gleiche, hätte ich mich mit einem der Fahrzeuge mitnehmen lassen. Ich fühle mich inzwischen eins mit dieser eiserstarrten Welt. Würde sie nicht wollen, dass ich hier bin, hätte sie mich gar nicht erst so weit kommen lassen. Eine starke Zuversicht entwächst diesem Gedanken und lässt mich trotz aller noch bevorstehenden Unwägbarkeiten positiv nach vorn schauen.
Da es schon spät ist, gehe ich mit meinem Rad nur noch ein kleines Stück. Etwas abseits der Fahrspur stelle ich gegen 11 Uhr abends mein Zelt auf, verankere es windsicher im harten Schnee und koche mir meine obligatorische Nudelsuppe. Laut Karte müsste ich mich jetzt vor dem Kap Uon-Pastach befinden. Zu erkennen ist davon nichts, keinerlei Konturen deuten auf die Küstenlinie hin. Alles um mich herum sieht gleich aus. Der Ostwind hat etwas angezogen und lässt gelegentlich die Zeltwand flattern. Ansonsten bin ich von Totenstille umringt, die nur durch das Fauchen des Kochers und das Knirschen meiner Schritte durchbrochen wird. Am Südhimmel prangt der Vollmond, er wirft ein mystisches Licht über die surreal anmutende Szenerie. Dann flammt ein Polarlicht auf, züngelt in grünen Bögen und Vorhängen über das kalte Firmament, während im Norden die Mitternachtsdämmerung den Beginn der Weißen Nächte ankündigt. Ich genieße das Privileg, hier zu sein, diese friedliche Stimmung in arktischer Schönheit so intensiv erleben zu können.