Читать книгу Eis. Abenteuer. Einsamkeit. Mit dem Fahrrad in die sibirische Arktis онлайн
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Dann rufe ich Maria an, bei der ich eine Unterkunft gebucht habe. Sie will mich mit dem Auto direkt vom Flughafen abholen, und wenige Minuten später ist sie schon da. Wir fahren direkt zu dem Wohnblock, in dem ich mich für ein paar Tage einrichte, um in Ruhe die letzten Vorbereitungen zu treffen. Meine Basis ist zentrumsnah, so kann ich vieles zu Fuß erledigen – Bargeld tauschen, eine russische SIM-Karte beschaffen, mich mit Proviant eindecken und mit Unterstützern meiner Reise verabreden. Auf den stark befahrenen Straßen der Innenstadt herrscht reges Treiben. Dick eingepackt flanieren Junge wie Alte mit bizarr knirschenden Schritten über den festgetretenen Schnee der breiten Gehwege, jeder eine Dampfwolke der ausgestoßenen Atemluft hinter sich herziehend. Während ich mich mitten im tiefsten Winter wähne, ist für diese Menschen bereits der Frühling angebrochen – mit längeren Tagen, höherem Sonnenstand und nicht mehr so tiefen Temperaturen. Ich versuche mir vorzustellen, wie sich der Hochwinter um den Jahreswechsel anfühlen muss: tags wie nachts um –50 °C nebliger Smog, Raureif, Dunkelheit. Da geht der gemeine Städter nur noch vor die Tür, wenn er unbedingt muss, möglichst schnell von A nach B, von einer wärmenden Insel zur nächsten. Verständlich, dass dann ein paar sonnige Tage mit –30 °C am Morgen und –20 °C am Nachmittag schon Frühlingsgefühle auslösen. Das Kälteempfinden hat hier einen anderen Maßstab.