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Ob Otto und Emma Lüdke dieses Kind liebten? Nein, sicher nicht, aber nie wären sie auf den Gedanken gekommen, ihren Bruno in ein Heim zu geben. Es war so, wie es war. Er gehörte zu ihnen, und es war ihre Pflicht, ihn durchs Leben zu bringen. Nie würde er in der Lage sein, die Wäscherei zu übernehmen, wenn sie einmal aufs Altenteil gingen, aber nützlich machen konnte er sich allemal. Es musste halt gehen. Irgendwie. Sie wussten, dass es Leute gab, die nicht bei ihnen waschen ließen, weil sie fürchteten, Bruno würde bei ihnen auftauchen. Dafür aber gab es andere, die aus Mitleid mit ihnen ihre schmutzige Wäsche in die Grüne Trift brachten. Es glich sich also wieder aus.

Natürlich konnten sie mit der Firma W. Spindler nicht mithalten, der »Anstalt zur chemischen Reinigung, Wäscherei und Färberei« drüben in Spindlersfeld, Deutschlands größtem Wäschereibetrieb. Aber dafür waren die gerade von der Schering AG geschluckt worden, während sie, Lüdkes, weiterhin Herren im eigenen Hause sein durften. Und so klein war ihr Betrieb nun auch wieder nicht. Die große Halle war streng in zwei Abteilungen gegliedert: Eine war die »unreine Seite«, die andere die »reine Seite«. Auf der Seite mit der schmutzigen Wäsche, wo es an den Bottichen und Trommeln giftig dampfte und wallte, waren vorwiegend Männer am Werke, auf der anderen, wo die Bett- und Tischwäsche durch die Mangel gedreht und geplättet wurde, beherrschten Frauen das Bild. Zusätzlich gab es die Halle, in der die Wäsche zum Trocknen aufgehängt wurde, und die große Wiese, auf der im Sommer die Stücke zum Bleichen ausgelegt wurden. Hinzu kamen der Fuhrbetrieb und das Büro, denn alle Geschäftsvorgänge mussten registriert sowie Einnahmen und Ausgaben penibel festgehalten werden. Dies war das Reich von Emma Lüdke, während sich ihr Mann vornehmlich um den Betrieb und die An- und Auslieferung der Wäsche zu kümmern hatte. Ihre wichtigsten Kunden waren Gaststätten, kleine Hotels und Pensionen, Belegkrankenhäuser, Arztpraxen, das eine oder andere Altersheim sowie mittlere Industrie- und Handwerksbetriebe, in denen das Tragen von Kitteln zur Pflicht gehörte. Der gewöhnliche Bürger hatte es in der Regel nicht so dicke, dass er seine Wäsche hätte weggeben können, und die Hausfrau zog einmal im Monat zur großen Wäsche nach oben in die Waschküche oder nach unten in den Keller, um mit Hilfe naher Verwandter für saubere Bettlaken, Tisch- und Taschentücher, Unterhosen und Unterhemden sowie Strümpfe und Socken zu sorgen. Höchstens Riesenteile wie Gardinen und Stores wurden in die Wäscherei gebracht.

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