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- Soll die fette Kuh doch selber arbeiten.

Hatte er das laut gesagt? Er schaute abermals auf die Uhr und rief dann seinen Vater an.

- Ich brauche deine Hilfe.- Ludwig?- Ja.

Die Stimme seines Vaters klang fragil, was passend war, denn er war eine äußerst fragile Person.

- Was ist los?- Du musst eine portable Klimaanlage kaufen.- Ich muss was?- Du musst eine portable Klimaanlage kaufen.- Warum?- Weil ich sonst meinen Job verliere.

Ludwig wartete auf eine Reaktion seines Vaters, der am anderen Ende der Leitung in seinem Ohrensessel saß und Kreuzworträtsel löste. Sein Vater saß immer in seinem Ohrensessel und löste Kreuzworträtsel.

- Das ist eine ungewöhnliche Bitte.- Eine notwendige Bitte.- Verkaufst du diese Klimaanlagen?- Ja.- Seit wann?- Seit es so heiß ist.- Ich dachte, du arbeitest in einem dieser großen Elektromärkte.- Schon länger nicht mehr.

Sein Vater litt an Alzheimer. Manchmal fragte er Ludwig nach Mutter und manchmal erkundigte er sich, welchen Bus er nehmen musste, um nach Hause zu kommen. Mittlerweile wohnte sein Vater in einem Seniorenheim und verließ sein Zimmer nur noch, um im Garten auf einer Bank zu sitzen und Spatzen zu füttern. Hin und wieder leistete Ludwig ihm dabei Gesellschaft und sie sprachen über Dinge, an die sich sein Vater wenige Minuten später nicht mehr erinnern konnte. Es gab Momente, da betrachtete Ludwig die Krankheit seines Vaters als Segen, so musste er sich nicht an all die Dinge erinnern, die ihm widerfahren waren. Erstaunlicherweise blieb der Kindstod aus. Mit Vier wurde ihm eine Stecknadel aus dem Oberschenkel entfernt. Mit Sechs die Mandeln. Mit Zehn brach er sich bei einem Sturz vom Fahrrad, den Oberschenkelknochen und musste sechs Monate einen Gips tragen. Zwei Wochen nachdem der Gips entfernt worden war, riss das Seil eines Skilifts, in dem er und sein Vater saßen, um in den Bergen zu wandern. Beide Arme wurden eingegipst. Seine Mutter musste ihm zwei Monate den Hintern abwischen und sein Vater landete im Rollstuhl. Mit Sechzehn biss er sich die Zungenspitze ab. Mit Achtzehn bekam er anstatt des Führerscheins eine ausgeprägte Depression. Mit Dreiundzwanzig heiratete er Maria. Mit Siebenundzwanzig Uta. Bereits fünf Minuten nach der Geburt ließ er Ludwig das erste Mal fallen und war somit zwei Minuten schneller als sein eigener Vater. Mit Dreißig war er arbeitslos und Witwer. Mit Vierzig erkannten die Ärzte eine Tendenz für Alzheimer. Mit Fünfzig war von einem zweiten Frühling weit und breit nichts zu sehen. Mit Sechzig kam er ins Altersheim, Renate wollte es so.

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