Читать книгу Verhängnis in der Dorotheenstadt. Von Gontards erster Fall. Criminalroman (Es geschah in Preußen 1840) онлайн
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»Es könnte ebenso gut Königsberg oder meinetwegen Stuttgart sein«, berichtigte Heidenreich sie geduldig.
»Wichtig sind ausschließlich die weite Entfernung und die hohe Geschwindigkeit.«
Das half ihr nicht weiter. Eine größere Entfernung als die ins sächsische Heidenau, wo sie einmal die Großmutter besucht hatte, vermochte sie sich nicht vorzustellen, und was die Geschwindigkeit anging, so bereiteten bereits galoppierende Pferde ihr Unbehagen. Die neue Eisenbahn nach Potsdam, die sie nur bei der Bahnhofsausfahrt gesehen hatte, fuhr unterwegs angeblich noch rascher. Und im Tivoli am Kreuzberg, wohin Ludwig sie einmal ausgeführt hatte, waren sie mit einer geradezu ungeheuerlichen Geschwindigkeit die glatte Bahn hinuntergeglitten. Mit Schaudern, aber nicht ohne eine gewisse Sehnsucht erinnerte sie sich daran, wie Ludwig sie mit seinen starken Armen fest umklammert gehalten hatte.
Heidenreich schlürfte inzwischen dankbar die dunkle Flüssigkeit in sich hinein. »Schmeckt beinahe wie echter Kaffee«, brummte er, was im Hause eines Cichorienfabrikanten als ein zweifelhaftes Lob gelten mochte. Albertine registrierte es ohne Empfindlichkeit. Scherze über das wenig geschätzte und doch so ausgiebig genutzte Produkt aus der Brennerei des Vaters begleiteten sie seit ihren frühesten Kindertagen. Selbst Ludwig hatte seinen gutmütigen Spott damit getrieben und behauptet, es enthielte ohnehin ein Gutteil verfälschender Beimengungen wie Beinschwarz oder gar Steinkohlenpulver. Empört hatte der Vater derlei Verdächtigungen von sich gewiesen.