Читать книгу Verhängnis in der Dorotheenstadt. Von Gontards erster Fall. Criminalroman (Es geschah in Preußen 1840) онлайн
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Heidenreich war der hoffnungsvolle jüngste Spross einer im hohenzollernsch-sigmaringschen Ländle alteingesessenen Familie von Feldschern, Handelsleuten und angesehenen Militärs. Er war in jenem Jahr nach Berlin gekommen, in dem zu seiner Begeisterung die erste Lokomotive einen Zug ins nahe Zehlendorf und wenig spatter bis nach Potsdam gezogen hatte. Zwar hatte man die erste Eisenbahnstrecke zwischen Nürnberg und Fürth erbaut, doch erst die riesigen Flächen und Entfernungen im erstarkenden Preußen ließen ahnen, wo die Zukunft für das neue Verkehrsmittel zu erwarten war. Inzwischen baute man eine Strecke ins Anhaltinische, Schienenpaare nach Stettin und Hamburg würden folgen.
Dennoch war es nicht die Eisenbahn, die das Interesse des jungen Wissenschaftlers in erster Linie fesselte. Seine wahre Berufung sah er in der Erforschung jener geheimnisvollen Kraft, die gewissen Elementen und Stoffen unsichtbar innewohnte, der Elektrizität. Seine außergewöhnliche Begabung für alles Verstandesmäßige, am besten mathematisch oder physikalisch Erfassbare, hatte ihm früh die Abneigung seiner geistlichen Mentoren eingebracht, ihm dessen ungeachtet jedoch zu einem baldigen Universitätsstudium verholfen. Da die württembergische Eberhardo-Carolina zu Tübingen in den Naturwissenschaften lediglich eine medizinische Laufbahn eröffnete, war er nach Freiburg und Jena und schließlich nach Göttingen gewechselt, ohne dort indes so tief in die Geheimnisse der Physik einzudringen, wie er es sich vorgestellt und gewünscht hatte. Nicht zu Unrecht bezweifelte er, dass einer der Herren Professoren - vom großen Gauß einmal abgesehen - nur annähernd den wissenschaftlichen Gehalt seiner eingereichten Doktorarbeit über den Aufbau und das Verhalten elektrischer Felder unter atmosphärischer Beeinflussung zu erfassen in der Lage war. So musste er sich mit einem flauen cum laude als Bewertung zufriedengeben.