Читать книгу Bilanz einer Lüge. Steuerberater-Krimi. онлайн
9 страница из 72
Am 2. März hatten amerikanische Einheiten das Sternenbanner auf der Porta Nigra in Trier gehisst. Vierzehnjährige Kinder hatten sich bei ihnen gemeldet. Man hatte sie zur Wehrmacht eingezogen. Mit Panzerabwehrkanonen ausgerüstet und zur Flak abkommandiert, hatten sie die Parolen vom Endsieg und Hitlers „Verbrannte Erde”-Befehl nachgeplappert. Sie hatten die Nachricht bejubelt, dass am 18. März Wehrmachtskommandos sämtliche Brücken im Raum Mainz-Wiesbaden gesprengt hatten.
Gestern war die Nachricht durchgesickert, dass sich die Amerikaner von Norden aus dem Raum Gießen kommend nach Süden fortbewegten – die Zange schloss sich. In der Nacht zuvor hatte sich auch noch eine Pionier-Einheit abgesetzt, die den Panzern Widerstand entgegensetzen sollte. Der leitende Kampfkommandant von Friedberg, Hauptmann Wölk, befand sich, wie er selbst gesagt hatte, „in völliger Unkenntnis über die Lage Friedbergs.”
In dieser Lage saß der Unterscharführer der Waffen-SS Bernd Wegner von der 17. SS-Panzergrenadier-Division „Götz von Berlichingen” auf einem Randstein am Ostrand von Friedberg. Er trug seinen Kampfanzug mit dem Tarnmuster. Neben sich hatte er den mit einem Tarnnetz versehenen Stahlhelm und seine Maschinenpistole MP 40 abgelegt. Bedächtig öffnete er den Umschlag, dessen Absenderadresse die seiner Eltern war. Hatte seine Verlobte etwa in Mainz Zuflucht gesucht? So unvernünftig wird sie doch nicht gewesen sein? Er entfaltete das mit Bleistift beschriebene Papier. Tränen hatten darauf ihre Spuren hinterlassen.