Читать книгу Mitternachtsnotar. Berlin-Krimi онлайн
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»Wir fahren zum Arzt«, flüstert Veronika Martin zu. Warum nehmen sie kein Taxi?, wundert sich sein benommenes Selbst. Er ist ein schmales Kind, kaum groß genug für den Anschnallgurt. Seine Mutter setzt sich unbeholfen hinter das Steuer, sie stößt den Schlüssel ins Schloss. Der Wagen springt an. Sie muss vom Schaltknüppel ablesen, wo der Rückwärtsgang ist. Ihre goldenen Pumps verhaken sich in den Pedalen. Der Wagen jault und springt rückwärts. In der Frontscheibe sieht Martin Wunderkerzenfunken, die Helligkeit hüllt den Wagen ein wie das Licht, das Sterbende sehen. Die Garage wird zum Lichttunnel, seine Mutter fährt den Wagen durch eine Waschstraße voller Licht gegen das geschlossene Garagentor. An den Scheiben läuft Feuer ab, der Wagen wird mit Feuer gewaschen, die Flammen brüllen mit Kinderstimmen, wollen Martin mit Raubtierzungen die Kindheit von der Haut lecken.
Er weiß plötzlich, niemand wird ihm helfen außer er sich selbst. Seine Autotür kann er öffnen, die hinteren Türen blockiert ein umgestürztes Regal. Er schreit seine Schwester Rebecca an, sie soll ihm helfen. Aber sie kann kaum die Augen offenhalten, sein Entsetzen ist ihr egal. Philip hängt reglos im Anschnallgurt, Martins Ebenbild, bezaubernd friedvoll in seiner Todgeweihtheit. Martin versteht nur, dass es vorbei ist. Er muss die restliche Kraft in seinem kleinen tauben Körper in die Mutter investieren. Sie schreit, aber sie wehrt sich nur wenig. Er zerrt sie aus dem Wagen, hinter sich her zurück ins Haus.