Читать книгу Schatten über Adlig-Linkunen. Kriminalerzählung онлайн
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„Ja, es geht ihr gut. Es geht allen gut in Linkunen, und es wird allen noch besser gehen, wenn man von Ihrer Freilassung erfährt!“
Inzwischen war Hinrich mit den Pferden zurückgekehrt. Anna wurde auf einmal bewusst, dass sie sich erneut mit ihrem Reifrock und einem Herrensattel arrangieren musste. Diesmal schoss ihr die Röte bei diesem Gedanken ins Gesicht. Überhaupt wurde sie sich jetzt über ihr Äußeres im Klaren: seit zwei Tagen ungewaschen, die Kleidung völlig durcheinander, die Haare zerzaust. Aber das alles durfte jetzt keine Rolle spielen, Hauptsache war, dass sie nach Hause konnte, dass sie frei war. Es würde noch genügend Zeit kommen, um ausgiebig zu baden. Bei dem Gedanken an eine vernünftige Mahlzeit verdrängte sie ihr Erscheinungsbild in die hinterste Ecke ihres Gehirns. Bouffier und Hinrich halfen Anna vorsichtig in den Sattel, Hinrich führte nun das Pferd, bis sie einen Weg erreichten. Hier wollte Bouffier sich gerade von ihnen trennen, um vorauszureiten, als sie das Geräusch von Pferdehufen hörten. Die beiden Polizisten zogen sofort ihre Pistolen. Annas Pferd wurde zur Seite in den Wald geführt, um sie außer Schusslinie im Falle eines Feuergefechtes zu bringen. Das Geräusch kam von vorne immer näher und plötzlich tauchte vor ihnen in etwa 300 Fuß oder ca.100 Meter Entfernung eine zweispännige Kutsche auf. Man konnte sofort erkennen, dass sie aus dem Fuhrpark Adlig-Linkunen stammte, das Wappen an den Türen war nicht zu übersehen. Die Erleichterung bei Anna und ihren beiden Begleitern war riesig, die Polizisten steckten ihre Waffen wieder in die Halfter und warteten, bis das Fahrzeug sie erreicht hatte. Die Szene, die sich jetzt abspielte, war durch nichts zu überbieten. Als Friedrich aus der Kutsche blickte und seine Tochter erkannte, war der sonst so besonnene und ruhige Mann nicht mehr zu halten. Noch bevor das Gefährt völlig zum Stillstand kam, riss er die Tür auf, sprang heraus, wobei er beinahe gefallen wäre und rannte auf Anna zu. Diese ließ sich jetzt langsam vom Pferd gleiten und als Friedrich sie erreicht hatte, drückte er sie wortlos fest an sich; er wollte sie scheinbar nicht mehr loslassen, als hätte er Angst, sie wieder verlieren zu können. Die anderen sprachen ebenfalls kein Wort und hatten ihre Blicke auf Vater und Tochter gerichtet. Es war still, doch plötzlich hörte man Schluchzen, freudiges Schluchzen, das nicht nur von Anna kam. Friedrich kullerten ebenfalls Tränen der Freude und Erleichterung über die Wangen. Das Ganze schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis die beiden sich wieder voneinander lösten und Friedrich seine Tochter vorsichtig zur Kutsche führte. Sie hatten immer noch kein Wort miteinander gesprochen.