Читать книгу Unterm Fallbeil. Kappes 18. Fall. Kriminalroman (Es geschah in Berlin 1944) онлайн
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Überlagert wurde das alles von Bildfetzen, die er nicht unterdrücken konnte. Da spazierte er als Gendarm durch Storkow. Da ruderte er mit Klara und den Kindern auf den Scharmützelsee hinaus. Da jubelte er Max Schmeling zu.
Zwei Schreie rissen ihn in die Wirklichkeit zurück. Den einen hatte Thomas Bethge ausgestoßen, als man seinen Kopf auf der Guillotine fixiert hatte, den anderen der forsche Kriminalanwärter Männel, bevor er kollabierte. Damit hatte Friedrich Riese sein Opfer gefunden, und Hermann Kappe war gerettet.
ZWEI
DER BEZIRK NEUKÖLLN war bislang von Flächenbombardements verschont geblieben. Das galt auch für die Weisestraße, die parallel zur Hermannstraße in Ost-West-Richtung verlief. Allerdings hatte es am 29. Januar 1944 die nahe gelegene Genezarethkirche am Herrfurthplatz getroffen, und Ursula Fröhlich rechnete jeden Tag und jede Nacht mit dem Schlimmsten, zumal der Zentralflughafen keinen Kilometer entfernt lag.
Sie nutzte die Mittagspause, um die Lebensmittelmarken zu ordnen, die sie im Laufe des Vormittags von ihren Kunden in Empfang genommen hatte. Sie lebte von ihrem Kolonialwarenladen in der Weisestraße, den sie gemeinsam mit ihrem Mann geführt hatte, bis der im Spätsommer 1942 im Kaukasus gefallen war. Übernommen hatte sie das Geschäft von ihrem Vater, und so stand auf dem phantasievoll gemalten Schild über Schaufenster und Tür noch immer Bernhard Bethge – Kolonialwaren. Das bedeutete, dass die Kunden neben Grundnahrungsmitteln wie Mehl, Zucker, Milch, Butter, Margarine, Wurst und Käse auch Waren aus den europäischen Kolonien erwarten durften, also Kaffee, Kakao, Reis, Tee und Gewürze wie Zimt und Nelken. Davon durfte allerdings im Jahre 1944 nur noch geträumt werden. Immerhin brauchte keiner zu verhungern, und sie, die an der Quelle saß, erst recht nicht. Fragte man die Leute, was ihnen auf dem Versorgungssektor am meisten Schwierigkeiten bereitete, hieß es: «Dass wir nicht genug und nichts Richtiges zu essen haben und dauernd nach was anstehen müssen.» Erst dann kamen Kleidung und die anderen Dinge des täglichen Bedarfs. Bei denen, die ausgebombt worden waren, stand die Wohnungsfrage an erster Stelle.