Читать книгу Schritt für Schritt – Unterwegs am South West Coast Path онлайн
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Nachdem diese kleinen blauen Pillen ihre großartige Wirkung entfalteten – ich spreche immer noch von Naproxen – geht es mir deutlich besser und ich binde meine Schuhe fast schon mit Vorfreude. Beim nahe gelegenen Costcutter versorgen wir uns mit viel Wasser und ein wenig Schokolade, denn es soll wieder ein heißer Tag werden.
Los geht es in Richtung Valley of Rocks, einem der ganz großen landschaftlichen Sehenswürdigkeiten rund um Lynton. Doch obwohl die Gegend wirklich herrlich ist, begeistert uns etwas ganz anderes wesentlich mehr: die wilden Lynton Steinböcke. Der Weg zu ihnen ist noch dazu asphaltiert und schnürlgerade, somit starten wir heute mit vier herrlich einfachen Kilometern. Mir fällt eines meiner Lieblingslieder der 80er ein und ich beginne lauthals zu singen: „I’m walking on sunshine, I’m walking on sunshine and don’t it feel good?“ Die Steinböcke nehmen trotz meiner Grammy-verdächtigen Performance nur unwesentlich Notiz von uns, aber natürlich sind sie Menschen gewöhnt und lassen sich durch deren oft komischen Anblick nicht aus der Ruhe bringen. Noch ganz überwältigt von diesem Erlebnis wandern wir locker-flockig weiter und vergessen irgendwie, auf die Wegweiser zu achten. Natürlich ist es dann ganz schnell passiert: Wir haben uns verlaufen. Mitten im Wald gibt es drei Wege, die alle in unterschiedliche Richtungen führen, allerdings ist keiner davon beschildert, was vermuten lässt, dass wir hier falsch sind, aber so richtig falsch. Doch Dr. Google mit seiner interaktiven Landkarte weiß Rat und bestätigt unsere Vermutung: Zum Glück sind es nur etwa 300 Meter, die wir zurückmüssen, das hält sich in Grenzen und wir sind immer noch hochmotiviert. Wir laufen vorbei an Lee Abbey, einer ökumenischen christlichen Gemeinschaft, die hier einen Landsitz verwaltet und Platz für christlich motivierte Ferien und Kongresse anbietet. Wie die meisten Gebäude, die wie kleine Schlösser oder Herrensitze aussehen, ist auch dieses denkmalgeschützt. Kurze Zeit später treffen wir in Woody Bay ein, in einer kleinen Bucht am Rande des Exmoor Nationalparks, die aus nicht viel mehr als einem Hotel und zwei, drei weiteren kleinen Ferienunterkünften besteht. Leider sehen wir sehr wenig, denn wir sind mal wieder von dichtem Wald umgeben. Recht bald kommen wir dort an, wo der Reiseführer begeistert von der „dramatischen Schlucht Heddon’s Mouth“ spricht, ich hingegen sehe nur einen dramatischen Abstieg, der von einem dramatischen Aufstieg gefolgt wird. Wir gönnen uns eine kurze Rast und das deutsche Paar von gestern, das so mühevoll versucht hat, mich ein wenig aufzurichten, läuft mit einem kurzen Gruß an uns vorbei.