Читать книгу Schritt für Schritt – Unterwegs am South West Coast Path онлайн
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Einzig in den Vereinigten Staaten fühlte ich mich immer wohl. Dort war ich unter meinesgleichen und vieles war auf übergewichtige Menschen ausgelegt. Die Sitze waren extrabreit, in den Toiletten konnte man sich einmal um die eigene Achse drehen, ohne irgendwo anzustoßen, und niemand nahm auch nur Notiz von mir, wenn ich mir den zweiten oder dritten Nachschub beim Frühstücksbuffet holte. Witzigerweise entdeckte ich meine Leidenschaft fürs Wandern in den USA, denn die zahlreichen, traumhaft schönen Nationalparks konnte man nicht unbewandert zurücklassen. Bei den ersten beiden Besuchen allerdings bestand das Entdecken der Natur eher aus einem Viewpoint-Hopping, das heißt, wir fuhren von einem Aussichtspunkt zum nächsten und gingen höchstens 200 Meter in die eine und 200 Meter in die andere Richtung. 2007 allerdings wollte ich etwas ganz Besonderes machen. In den Coyote Butts der Paria Canyon-Vermilion Cliffs Wilderness ist an der Grenze zwischen Utah und Arizona die einzigartige „Wave“ zu finden, eine besonders sensible Sandsteinformation, die täglich nur zwanzig Besucher betreten dürfen. Damals wurden online im Vorfeld zehn Permits, also Zugangsberechtigungen, vergeben und wir hatten das unglaubliche Glück, vier Stück zu ergattern, also nichts wie hin. Diese Wanderung würde als die allerschlimmste in die Dani-Geschichte eingehen. Mit über 140 Kilo bei 46° C zu wandern, ist eine unglaubliche Kraftanstrengung, und ich wundere mich heute noch, was mein Körper damals im Stande war zu leisten. Die Sonne brannte auf uns nieder und der kurze, sandige Aufstieg nach etwa fünf Kilometern war das anstrengendste, das ich je getan hatte. Auf allen vieren kraxelte ich in das Tal der Wave und suchte mir die erste flache Stelle als meine letzte Ruhestätte aus. Während Peter und die Kinder begeistert von all der Schönheit waren und jeden einzelnen Zentimeter erkundeten und auf Fotos festhielten, versuchte ich, irgendwie meine Lebensgeister zurückzugewinnen und wieder annähernd regelmäßig zu atmen. Es war mir nicht möglich, dieses wunderbare Naturschauspiel mit meinen Lieben zu teilen, denn ich hatte massive körperliche Probleme und die schlimme Vorahnung, dass sich der Rückweg mindestens ebenso anstrengend gestalten würde. Dies bestätigte sich auch kurz darauf und etwa einen Kilometer vor dem Ziel war ich mit meiner Kraft am Ende. Jeder Schritt tat weh, ich wollte mich in dem heißen Sand zur Ruhe betten und bot den anderen an, mich hier zurückzulassen. Irgendwie schafften diese es aber, mich zu motivieren, auch noch die letzten Schritte zu gehen, doch sobald klar war, dass Peter mich von der Stelle, an der ich mich befand, mit dem Auto abholen konnte, bewegten sich meine Füße keinen Zentimeter mehr. Es war mir unmöglich, die fünfzig Meter zwischen Parkeingang und Auto zu bewältigen, so gerne ich es auch gewollt hätte. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich derart leer gefühlt wie genau in diesem Augenblick. – Obwohl ich auch am South West Coast Path an meine Grenzen stoßen werde, werde ich mich kein einziges Mal so fühlen wie damals in den Coyote Buttes. – Allerdings sollte es trotz dieses unmenschlichen Ereignisses, das mir meine körperlichen Unzulänglichkeiten klar vor Augen führte, noch zweieinhalb weitere Jahre und unzählige gescheiterte Diätversuche dauern, bis es endlich doch gelingen sollte, mich von meinem massiven Übergewicht zu befreien.