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Am heutigen Abend erfahren wir viel über den Wanderweg, aber auch über das Leben von Sue und John. Sie sind große Teile des SWCP schon selbst gewandert, wissen aber nicht so recht, ob sie ihn auch tatsächlich fertig gehen werden. Im Alter würden sich die Prioritäten verschieben, meinen sie. Das kommt für mich nicht in Frage, ich will auf alle Fälle bis zum Endpunkt, auch wenn ich mir das jetzt noch gar nicht vorstellen kann. Meine Cousine meinte zu mir, bei dieser Wanderung sei ja wohl der Weg das Ziel, aber ich sag’ es ganz ehrlich: Für mich ist trotz der großartigen Landschaft eindeutig das Ziel das Ziel.

„Wenn Englein reisen, dann lacht der Himmel“

~ Sprichwort

Tag 8

Strecke: Westward Ho! nach Clovelly

18 km – 913 hm – 2,46 km/h

am Pfad: 158,8 km

Unterkunft: The Red Lion, £ 160,–  maßlos überteuert

sommerlich heiß

Der Tag beginnt angenehm, denn wir kennen die Strecke bereits von gestern. Sie hat sich in der Zwischenzeit nicht verändert und so gehen wir schnellen Schrittes an den zahlreichen Ferienappartementhäusern und Strandhütten vorbei. Wer sich hier eine Wohnung für die Ferien leisten möchte, die annähernd mit unserem Standard vergleichbar ist, zahlt gut und gerne eine Million Pfund. Wir sind entsetzt über die Immobilien­preise und nutzen von nun an jede Gelegenheit, um uns über die jeweiligen Preise für Häuser und Wohnungen in den unterschiedlichen Gebieten zu informieren. Bis zum Schluss werden wir keinen Ort finden, in dem wir es uns leisten könnten, irgendeine Art von Zuhause zu kaufen. Selbst wenn wir alle Ersparnisse zusammenkratzen und unser eigenes Haus auf den Markt schmeißen würden, würde der Erlös gerade einmal für die ­Anzahlung reichen. Der Südwesten ist ein teures Pflaster, da verwundert es auch nicht, dass hier viele Immobilien zum Verkauf stehen, was die Städte irgendwie trostlos erscheinen lässt. Aber der SWCP ist vermutlich auch der teuerste Weitwanderweg, den es gibt, wenn man, wie wir, ein Flashpacker ist. Diesen Begriff habe ich zum ersten Mal in den großartigen Reiseerzählungen „Ich nehm dann mal das Upgrade!“ von Sascha Tagtmeier gelesen – dieses Wort gibt es wirklich. „Der Begriff ist eine Wortschöpfung aus Backpacker und ‚flashy‘, englisch für ‚schick‘. Flashpacker sind mit mehr Komfort und höheren Ansprüchen unterwegs als klassische Back­packer“, beschreibt Tagtmeier diese Art des Rucksackreisens. In dem Begriff finden wir uns tatsächlich eins zu eins wieder, denn der Flash­packer ist immer noch ein Individualreisender und meidet Massentourismus so gut wie möglich. Gleichzeitig aber trägt er seine ganze Ausrüstung am ­Rücken – inklusive Smartphone und Laptop versteht sich – und entscheidet sich eher für ein Upgrade des Doppelzimmers mit Klimaanlage statt für einen Zehnmannschlafsaal. „Der Geruch von Freiheit muss nicht mit dem Gestank von alten Socken einhergehen. Freiheit kann auch nach frischen Blumen in der Premiumunterkunft duften“, zumindest wenn es nach Tagtmeier geht; denn obwohl wir tatsächlich nicht im Zelt schlafen, werden noch viele unserer Unterkünfte eher nach alten Socken als nach Blumen riechen.

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