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Auch solche Medizin half nicht in dieser Nacht. Der Alkohol verstärkte ihre schlimmsten Albträume. In einem lichten Augenblick fiel ihr auf, dass sich die Bettwäsche kaum mehr von den stinkenden Schlafsäcken im Plattenbau unterschied. Die Erkenntnis blieb allerdings ohne Konsequenzen. Sie verfiel in einen Dämmerzustand, schloss endlich die Augen.
Ein anhaltender Pfeifton wie der Alarm auf der Intensivstation nach dem Aussetzen des Herzschlags schreckte sie auf. Vergeblich versuchte sie, die Augen auf das Fenster zu fokussieren, wo das Geräusch herkam. Immerhin glaubte sie, einen winzigen Vogel wegfliegen zu sehen.
»Angeber«, lallte sie ihm nach.
Ihre Hüfte begann wieder zu schmerzen. Sie versuchte eine Weile, sich wenigstens darauf zu konzentrieren, bis sie entnervt aufgab.
»Jetzt reicht‘s!«, herrschte sie das Saxophon an, das apathisch im offenen Instrumentenkoffer lag.
Sie schleppte sich hinkend zum Fenster, schlug es zu und ließ den Rollladen herunter. In einer Schublade des Nachttischs fand sie das Röhrchen mit Schlaftabletten, an das sie sich schwach erinnerte. Die Aufschrift konnte sie nicht entziffern. Vielleicht waren es die vergammelten Kopfschmerztabletten. Egal. Sie kippte den Inhalt ins leere Wasserglas neben dem Bett, goss den Rest des Nuits-Saint-Georges dazu und schüttete den Drogencocktail in sich hinein. Auf dem Rücken liegend, nackt, wie sie auf diesem traurigen Planeten angekommen war, wartete sie auf die Wirkung. Für ein paar Augenblicke fühlte sie sich leichter. Dann begann die ganze Flasche Wein in ihren Kopf zu fließen. Die Hirnmasse löste sich im Alkohol auf und der Magen begann zu pochen wie ein zweites Herz. Sie rollte aus dem Bett, kroch auf allen Vieren Richtung Bad, dann knipste jemand das Licht aus.