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»Sie wünschen?«, murmelte die Stimme eines Arztes, die sich so müde anhörte wie die ihre.
»Wie geht es dem Patienten Sven Hoffmann? Hat sich sein Zustand verändert?«
»Sind Sie verwandt mit dem Patienten?«
»Nein, ich …«
»Tut mir leid, dann darf ich Ihnen keine Auskunft geben.«
»Hören Sie, Doktor – ich mag mich nicht mit Ihnen streiten. Ich bin Oberkommissarin Hegel vom BKA. Ich war dabei, als er angeschossen wurde, und muss wissen, wie es meinem Partner geht. Haben Sie ein Problem damit?«
»Ich habe kein Problem, aber es gibt Vorschriften.«
Nach einer kurzen Pause gab er nach:
»Der Zustand des Patienten Hoffmann ist unverändert kritisch. Er hat Glück gehabt, dass der Schuss das Gehirn nur gestreift hat.«
»Das nennen Sie Glück?«, rief sie erregt aus. »Was ist, wenn sein Hirn nicht mehr funktioniert, falls er je wieder aufwacht, als Gemüse?«
»Mehr kann ich Ihnen leider nicht sagen. Gute Nacht.«
Dieser Anruf verschlimmerte ihren Geisteszustand noch weiter. Sie spielte mit dem Gedanken, ihren Freund Jamie anzurufen, der nichts von den Ereignissen der letzten zwei Tage ahnte. Der Arzt Dr. Jamie Roberts war seit Jahren ihr Geliebter, eine Art Ehemann auf Distanz. Er lebte und arbeitete als Mediziner am Imperial College in London. Normalerweise schätzte sie die Vorteile der Fernbeziehung, aber in dieser Nacht … Ein Finger schwebte kurz über Jamies Namen auf dem Touchscreen des Smartphones, bevor sie es ausschaltete. Lustlos goss sie sich ein Glas Rotwein ein, vom gehaltvollen, schweren Burgunder, Nuits-Saint-Georges, nicht den wässrigen badischen Landwein, den man trinkt, um den Durst zu löschen. Der fruchtige Körper des Weins widerte sie an, aber sie leerte das Glas in wenigen Zügen und goss sich ein Zweites ein. Die Flasche fast leer, der Kopf ein Karussell, fiel sie erschöpft ins zerwühlte Bett zurück.