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Der shifu ist kein Trainer im westlichen Sinne, kein Motivator und nicht dafür zuständig, den Schüler in kürzester Zeit bestmöglich auf einen Wettkampf vorzubereiten. Er ist ein Wegweiser, der durch das Beispiel seines Lebens den Weg zeigt, welchen man schließlich selbst gehen muss. Nach chinesischem Brauch lobt ein shifu seine Schüler niemals, wie gut sie auch sein mögen. Ebenso wenig duldet er Widerspruch. Dem Schüler ist es auch nicht gestattet, Emotionen zu zeigen. Ich weiß, das klingt alles sehr nach verlebter Tradition. Mein shifu und ich haben dabei auch viele Abstriche gemacht, damit es für uns funktioniert. Mir als Europäer liegt es in der Natur, Dinge kritisch zu betrachten. Gefühle wie Unzufriedenheit und Ärger werden ausgedrückt und auch ausgelebt. Ich widerspreche und hinterfrage, wenn es mir erforderlich scheint. Anfangs prallten da buchstäblich zwei Welten aufeinander. Meister Li tat sich in der ersten Zeit sehr schwer damit, was dreimal in Gestalt denkwürdiger Wutausbrüche zum Ausdruck kam, bei denen ich mich am liebsten zu den Ratten ins Loch verkrochen hätte. Später wandelte sich die Situation erstaunlicherweise. Meister Li gewöhnte sich an mein westliches Wesen und stellte fest, dass das offene und freie Denken und das Einbringen von Kritik sehr produktiv genutzt werden kann.

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