Читать книгу Neuseenstadt 2040. Geschichte einer Unternehmerin онлайн
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Jutta steht auf, streckt sich, streicht sich die Haare aus dem schon wieder feuchten Gesicht und trinkt einen Schluck Wasser.
Nach einem Blick in das gespannte Gesicht ihrer Zuhörerin unterdrückt sie den Impuls, per Knopfdruck das Speiseauswahldisplay zu bestellen. Sie setzt sich wieder und fährt fort: »Jedenfalls vergesse ich nie, wie sich dieser glatzköpfige dicke Mann vor mir aufbaute und mit wichtiger Stimme erklärte, dass die Maiwalds Republikflüchtlinge seien, denen man keine Träne nachzuweinen brauche. Ich stand wie erstarrt in dem Haus und flehte die geschlossene Wohnungstür an, sich entgegen des eben Gehörten zu öffnen, damit ich wie immer mit meiner Freundin zusammen sein konnte.«
Sandra schluckt und fragt leise: »Und haben Sie die Freundin jemals wieder gesehen?«
»Ja, viel später. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.« Jutta räuspert sich. »Zunächst hatte ich immer auf Post gewartet, jeden Tag rannte ich mit neuer Hoffnung zum Briefkasten, doch Ina meldete sich nicht. Ich wollte ihr so viel erzählen und wissen, wie sie jetzt lebte. Vielleicht würde sie zurückkommen, malte ich mir manchmal abends vor dem Schlafen aus. Ein Jahr später wurde am dreizehnten August 1961 die Berliner Mauer gebaut und die Grenze zwischen der DDR und der Bundesrepublik war dicht – für immer und ewig, wie wir alle dachten.