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»Eigentlich wollte ich mit ihr heute zu dem Konzert gehen. Doch jetzt ist sie so durch den Wind, dass ich sie nicht noch einmal fragen möchte.«

»Kein Problem – gehen Sie einfach mit mir. Ich melde schnell die Plätze an.«

Jutta muss lächeln und merkt, wie sich Atmung und Puls wieder normalisieren. Was soll sie mit der Ärztin anfangen? Sie weiß selbst am besten, worüber sie sich aufregt. Ins Bett lässt sie sich nicht stecken, sie möchte zu dem Konzert gehen. Ein Konzert mit echten Musikern und Instrumenten ist eine besondere Rarität geworden. Sparmaßnahmen einerseits und technische Möglichkeiten andererseits hatten in den vergangenen zehn Jahren zu einem kulturellen Massensterben geführt. Gute Schauspiele, Opern und Orchesterkonzerte werden in wenigen Konzertsälen und Opernhäusern der Welt aufgezeichnet und dann mit riesigen Gewinnen einem zahlungskräftigen Publikum zugänglich gemacht. Um das Jahr 2010 begannen digitale Live-Übertragungen der Metropolitan-Oper aus New York in die großen und gut ausgestatteten Kinos vieler Länder. Die Entwicklung setzte sich fort mit immer raffinierterer Drei- und Vier-D-Technik. Kleinere Theater und Konzerthäuser wurden geschlossen, dafür kamen die digitalen Konzerte zunehmend in Mode, so dass die Preise dafür gewaltig anstiegen. Inzwischen gehört es zu ausgesprochenen Luxuserlebnissen, eine Oper oder ein Konzert direkt zu besuchen. Eines der wenigen in Deutschland erhaltenen Konzerthäuser ist das Leipziger Gewandhaus. Zur DDR-Zeit hatte Jutta dort ein preisgünstiges Anrecht, später noch einmal 2016, als ihre Firma recht gut zu laufen begann. Doch als sie 2017 als Ersatzoma für den zweijährigen Detlef einsprang und häufig auch kurzfristig abends gebraucht wurde, kündigte sie. Es war damals schon so teuer, dass der Verlust eines bereits bezahlten Konzertes Jutta weh tat.

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