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Ludwig betrachtete die Mulde auf der Bettseite seiner Frau. Die Matratze musste einiges ertragen.
- Ich finde es nicht.
Die Stimme von Renate drang aus dem Badezimmer zu ihm. Regen prasselte gegen das Fenster und hin und wieder erhellte ein Blitz die Raufasertapete. Ludwig dachte an den Regenschirm der Alten. So viel zu Wetterprognosen …
- Im Schränkchen hinter dem Mundwasser!
Renate erschien im Türrahmen und verharrte.
- Findest du mich fett, Ludwig?
Er hatte ihr schon unzählige Male auf diese Frage geantwortet.
- Nein.- Ich bin aber fett!- Nein, bist du nicht.
Renate war fett. Ihre Frage überflüssig. Warum fragte sie ihn überhaupt? Warum zwang sie ihn zu einer Lüge? Warum war sie so, wie sie war? Warum hatte er sie geheiratet?
- Wirklich?- Wirklich. Komm jetzt her.
Sie setzte ihre Kilos in Bewegung, gab ihm das Jod und wälzte sich über ihn hinweg auf ihre Seite des Bettes. Warum hatte er sie noch gleich geheiratet? Er kramte im Archiv seines Gehirns und fand eine Antwort. Zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit hatte sie etwa 30 Kilo weniger gewogen. Auch ihren Charakter konnte man zum Zeitpunkt der Hochzeit nicht als böswillig, egozentrisch, launisch und depressiv bezeichnen. Damals hatte sie einen Job, der sie erfüllte, hatte Zukunftspläne und war fähig, Liebe zu geben. Sie liebte sogar seine Tollpatschigkeit. Als er bei der Hochzeitszeremonie stolperte und auf ihr Kleid trat, konterte sie das Kichern in der Kirche mit einem Lächeln. Als er seinen Job zum ersten Mal verlor, bezeichnete sie es als Pech. Beim zweiten Mal fand sie es weniger witzig und als der Arzt ihnen mitteilte, dass Ludwigs Spermien zu langsam seien, brach für Renate eine Welt zusammen. Ihren Kummer erstickte sie mit Süßem und Fettem. Ludwig war nicht in der Lage ihr zu helfen, sie projizierte all ihre Wut auf ihn und seine Unfähigkeit.