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Die Fahrt wollte nicht enden. Röchelnden und stinkende Männer, manche an der Schwelle des Todes, klammerten sich mit jedem zurückgelegtem Kilometer an die aufkeimende Hoffnung. Großvater fiel es schwer sich vorzustellen, dass er den ganzen Weg, wenn auch in entgegengesetzte Richtung, mal zu Fuß gegangen war. Es schien ihm so lange her, so unwirklich, so falsch. Er lauschte den Gesprächen der Anderen, ihren Plänen, Sehnsüchten und Ängsten. Die Stimmung war alles andere als ausgelassen oder euphorisch, viel mehr erfüllte eine Melancholie, eine Unsicherheit die Wagons. Keiner konnte es so richtig glauben, der Hölle entkommen zu sein. Jeder rechnete unterschwellig mit einer erneuten Inhaftierung, aber keiner sprach es aus und als dann schließlich die Deutsche Grenze passiert wurde, brach tatsächlich Jubel aus.

8

Ludwig schreckte hoch. Sein Herz raste. In seinem Kopf hämmerte ein blind wütender Schmerz. Sein Blick wanderte orientierungslos umher. Renate schnarchte. Die Nachwirkungen des Alptraums ließen seinen schweißnassen Körper erzittern. Er holte tief Luft, atmete langsam aus und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Er hatte einen seltsamen Geschmack im Mund. Sein Kopfkissen war voller Blut. Er stieg aus dem Bett und taumelte ins Bad. Sein Spiegelbild sah mitgenommen aus. In seinem Traum war er über Felder gestolpert. Die schweren Stiefel versanken im Schlamm und von hinten näherte sich die Gefahr. Eine gesichtslose Gefahr, mehr eine Wolke, dunkel und bedrohlich. Die Granateinschläge, die um ihn herum Dreck in die Luft schleuderten, machten ihm keine Angst, ebenso wenig die Panzer, die ein erbarmungsloses Tontaubenschießen veranstalteten. Sein Feind waren nicht die schreienden Soldaten in seinem Rücken, die ihre Bajonette drohend in seine Richtung reckten und im Gegensatz zu Ludwig zu fliegen schienen. Nein, es war die Wolke die sich in seinem Rücken näherte und seinen Körper mit Panik erfüllte. Kameraden stürzten zu Boden. Stahlhelme rotierten durch die Luft. Schneeregen peitsche Ludwig ins Gesicht. Seine rechte Wade zerfetzte und er wurde von den Beinen gerissen. Seine Finger gruben sich tief in den Schlamm. Er versuchte vorwärts zu kommen, zog sich über den Boden, wollte nur weg, weg von der Wolke, die sich zu einer Frau manifestierte und ihn schon fast erreicht hatte, ihre knochigen Finger nach ihm ausstreckte. Dann war er aufgewacht. Ludwig spuckte das rötlich trübe Wasser in das Becken und griff nach dem Handtuch. Sein Gehirn schlug gegen die Innenseite der Schädeldecke. Der Schmerz war entsetzlich. Es fühlte sich an, als hätte er einen Fötus im Schädel, dessen Geburt unmittelbar bevorstand. Er hielt die Luft an und presste die Lippen zusammen, bis sie farb- und gefühllos waren. Der Schmerz blieb. Seine Hände schlossen sich um seinen Kopf und hätte er gekonnt, er hätte ihn abgeschraubt und durch einen Neuen ersetzt. Er würde sich niemals mit dieser gottverdammten Migräne arrangieren. Er öffnete das Schränkchen und nahm die Kopfschmerztabletten heraus.

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