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„Ein schöner Ort“, bescheinigen wir der Schlossbesitzerin.

„Vor allem einer, der mich genauso gefunden hat wie ich ihn“, sagt Madame Ménage-Small. Es gebe keine Zufälle im Leben, alles habe seine Bestimmung. Sie, verheiratet mit einem US-Amerikaner, ist Besitzerin eines Schlosses, das für einen anderen US-Amerikaner eine bedeutende Rolle spielte: Harry Truman verbrachte mehrere Monate auf dieser Burg. Das war im Jahr 1918, als er sich an der Artillerieschule in Montigny-sur-Aube eingefunden hatte. Das habe die heutige Château-Besitzerin aber erst später erfahren. Wenn man bedenkt, dass Truman 1945 der 33. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wurde und maßgeblichen Anteil am Marshallplan hatte, der den Wiederaufbau Europas möglich machte, ist dieser Boden nichts weniger als ein Stück europäisch-amerikanischer Zeitgeschichte, auf den Madame stolz sein kann bei allem, was sie hier geschaffen hat. Sie fällt dabei nicht in Ehrfurcht auf die Knie, sie wirkt nicht melancholisch, sondern zufrieden, und sie hat Pläne, die viel weiter in die Historie greifen, um hervorzuholen, was im Laufe der Zeit verloren gegangen war. Denn was sie und ihr Ehemann Len Robert Small hier Anfang des Jahrtausends vorfanden, musste aufwendig restauriert werden. Zehn Jahre haben diese Arbeiten gedauert, zehn Jahre voller Träume, Hoffnungen, Pläne und sicher auch Enttäuschungen. Dabei schaffte es die resolute Frau in relativ kurzer Zeit, öffentliche Institutionen und private Gönner davon zu überzeugen, dieses Projekt maßgeblich zu unterstützen, um in der Geschichte der Region Côte d’Or ein Ausrufungszeichen zu setzen, das unverrückbar bis in die Zukunft ausstrahlt. Es war ein riesiger Aufwand; allein die Restaurierung des heute wieder Wasser führenden Burggrabens war eine Herkulesaufgabe. Rund 18.000 Kubikmeter Boden wurden ausgebaggert, Schilf und Erde entfernt. Die fünf Meter hohen Mauern mussten auf einer Länge von zweihundert Metern saniert und abgedichtet werden. Heute ziehen wieder Schwäne und Enten ihre Bahnen. Die Renaissance-Kapelle bescherte im Jahr 2009 allein sieben Handwerkern einen ganzen Sommer lang Arbeit, nur um der Fassade Schönheit (es gibt schlimmere Arbeitsplätze …) wieder herzustellen. Dorische Säulen, dreieckige Giebel, geriffelte Zwillingsstützen, Kartuschen, Rosetten, Goldschmiedearbeiten – hier hat ein Diamant sein Leuchten zurückerhalten! Architekten und Historiker gehen davor auf die Knie, wir tun es eher vor der Vielfalt des Obst- und Gemüsegartens, der, weit größer als ein Fußballfeld und etwas abseits des englisch anmutenden Landschaftsparks, über dreihundertfünfzig Sorten verschiedenster Früchte beherbergt, davon rund zweihundert Obst-Varietäten. Das sind überparadiesische Verhältnisse, denn im Garten Eden gab’s nur eine Apfelsorte (wahrscheinlich auch noch Granat) und keine Birnen, hier eine unermessliche Fülle, zum Teil frei stehend, andererseits zusätzlich am Spalier gezogen. Unter Einbeziehung erfahrener Landschaftsgärtner wurden jahrhundertealte Züchtungen gepflanzt. Bei aller wiederauferstandenen Pracht der Gebäude scheint dieses Projekt Madame Ménage-Small besonders viel Freude zu bereiten und Kraft zu geben. Dass das Fruchtsorbet zu Kuchen und Crémant ein Produkt der eigenen Ernte ist, daran besteht kein Zweifel: Natürlich ist es das! „Und wir werden noch weitere Sorten pflanzen“, sagt Frau Haushalt-Klein. Allein das ist ein Grund, auf der nächsten Reise zurückzukehren an diesen fantastischen Ort.

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