Читать книгу Wer die Lüge kennt. Ein Provinzkrimi aus Berlin онлайн
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Im Flur neben dem Schlafzimmer erhob sich Talisker, ihr ungewöhnlich rotbraun gefärbter Schottischer Hirschhund, zu seiner gewaltigen Größe. Er dehnte sich ausgiebig und folgte ihr die Treppe hinunter in die Küche.
Kriminalhauptkommissar Rolf Prinz war das soziale Engagement seines Gegenübers gänzlich unverständlich, und an einem Freitagmorgen hielt sich sein Interesse dafür auch stark in Grenzen. Thomas Hartmann, Chemiker von Beruf und eine imposante Erscheinung, kümmerte sich laut seiner zehnminütigen und viel zu umfangreichen Schilderung schon seit Jahren ehrenamtlich um Obdachlose. Seitdem im Spätherbst eine Gruppe von Frauen eine leer stehende Lagerhalle ganz in der Nähe für sich entdeckt hatte, konzentrierte er sich ganz auf die Arbeit im eigenen Kiez. Offenbar war der Mann einer von diesen Gutmenschen, die einem den letzten Nerv rauben konnten. Es gab doch genug Übernachtungsmöglichkeiten für Menschen, die keine eigene Wohnung hatten, und die soziale Hängematte, die der Staat nicht nur seinen Bürgern, sondern sogar jedem Emigranten bot, war nun wahrlich bequem, fand Prinz. Niemand musste in Deutschland auf der Straße schlafen. Diejenigen, die es dennoch taten, waren entweder geistig minderbemittelt oder wollten bewusst dem Radar der Behörden entgehen. Neben ihm leierte Hartmann irgendeine Statistik herunter, der zufolge obdachlose Frauen häufig Opfer von Gewalt würden. Aber Prinz glaubte ihm kein Wort. Es gab doch kaum wohnungslose Frauen auf den Straßen. Jedenfalls sah er nie welche.