Читать книгу Tatort Gemeindebau. 13 Kriminalgeschichten aus Wien онлайн
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Lieber Karl,
kommen wir zur Sache. Ich möchte Dir von einer Mordserie erzählen, die sich Ende der Siebzigerjahre in meinem Gemeindebau mit seinen fünftausend Leuten ereignet hat. Wie Du ja aus eigenem Erleben weißt, sind Gemeindebauten eine Welt für sich, es verwundert also nicht, dass die Mordserie nie aufgeklärt wurde, obwohl damals auch zwei Kriminalbeamte ums Leben kamen, die ebenfalls im Gemeindebau wohnten. Dann erwischte es noch einen Finanzprüfer, den hat eine Giftschlange hinweggerafft, bedenke: eine Giftschlange in Floridsdorf! Und dann war da noch der Mord an einem bekannten Floridsdorfer Spediteur, welcher über eine beeindruckend große Sattelschlepper-Flotte gebot, die er mit illegalen und ausgebeuteten Chauffeuren aus dem Osten betrieb. Der Mann parkte seinen kanarigelben Ferrari vor den Heurigen und sonnte sich in der Aufmerksamkeit der Gäste. Ein eitler und primitiver Charakter.
Wirtschaftskammer, Gewerkschaft und Polizei waren von ihm bestochen; das ging über Spenden für den Verein der Freunde der Wiener Polizei, den Sportverein Handelsministerium und den Stipendienfonds des ÖGB, der aus den Spenden Mini-Stipendien an Studenten ausschüttete. Ich weiß das, denn ich habe damals von besagtem Leopold-Böhm-Fonds fünfhundert Schilling Jahresstipendium bekommen. Mein Heimplatz kostete das Dreifache, aber monatlich. Wahrscheinlich wäre mehr Geld zur Verfügung gestanden, aber Österreichs Spitzengewerkschafter haben ja auch ihre Bedürfnisse, das wissen wir von den Herren Verzetnitsch, der sich ein Penthouse im ersten Bezirk organisierte, und Flöttl junior, der eine Insel auf den Bermudas sein Eigen nannte und den Streikfonds von drei Generationen, die BAWAG-Bank, in den Sand setzte – und bei dem niemand nachfragte, wo die Milliarden geblieben waren. Ich bin sicher, Du hättest nachgefragt und Du hättest Dich nicht mit Ausreden abspeisen lassen.