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Du siehst, Deine politischen Schulungsmaßnahmen waren bei mir nicht erfolglos. Bären sind dort oben eine Landplage, pflegtest Du auch zu sagen. Wie die Biber am Marchfeldkanal, könnte ich heute ergänzen. Aber zu Deiner Zeit gab es in Floridsdorf noch keinen Marchfeldkanal und keine Biber. Angeblich hast Du an einem dunklen Tag in den tiefen Wäldern der Finger Lakes zwei Jungbären erschossen, aus Notwehr. Ich glaube, mit einem einzigen Schuss. Die Geschichte war zu gut, um Zweifel aufkommen zu lassen. Diese Leidenschaft hat mich nicht verlassen, alter Freund. Ist eine Story gut, lasse ich mir auch heute noch gern einen Bären aufbinden. Aber den Verstand schalte ich dabei nicht aus. Das ist auch der Grund, warum ich Dir diesen Freundschaftsgruß sende.

Lieber Karl,

Du bist in der Josef-Flandorfer-Straße in Wien-Stammersdorf, dem schönsten Teil von Floridsdorf, aufgewachsen. Eure winzige Wohnung im Gemeindebau aus den Fünfzigerjahren lag neben der Wendestelle des 31ers, der Tramway zu den Heurigen Stammersdorfs. Das Grölen der Betrunkenen und das Quietschen der Straßenbahn wiegten dich in den Schlaf. Von einem Vater hast Du nie erzählt, ich glaube, Deine Mutter war schon sehr früh Alleinerzieherin. Als ich Dich 1976 im AKH kennenlernte, besuchte sie uns jedes Wochenende, werktags arbeitete sie als Putzfrau in Arztpraxen und bei einem Rechtsanwalt, der für die FPÖ im Parlament saß und ehemaliger SS-Flieger der Legion Condor war, die Guernica dem Erdboden gleichgemacht hat. Immer brachte sie Obst und Zeitungen mit, manchmal war eine New York Times dabei, und ich habe mich gefragt, wo man die in Stammersdorf kaufen konnte. Ich erinnere mich an eine kleine, wieselflinke Frau mit sprödem Charme, die ihren Karli abgöttisch liebte.

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